Bischof Overbeck erinnert sich an Fußball-WM-Finale 1990

“Da ist Gott im Spiel”

Essens Bischof Franz-Josef Overbeck hat das WM-Finale 1990, das Deutschland gewann, besucht. Er war damals Student und kam unverhofft an Tickets. Er erzählt, wie die Stimmung im Stadion war und wie er Franz Beckenbauer erlebte.

Fußball-WM 1990 - Lothar Matthäus und Rudi Völler / © Martina Hellmann (dpa)
Fußball-WM 1990 - Lothar Matthäus und Rudi Völler / © Martina Hellmann ( dpa )

DOMRADIO.DE: Im Jahr 1990 waren Sie 26 Jahre alt und zu dem Zeitpunkt des Finales in Rom. Was haben Sie da gemacht?

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz ( KNA )

Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen): Mein Studium ist damals zu Ende gegangen und ich wusste, ich würde nach Hause zurückkehren. Während dieser Phase im Juni 1990, begann die Weltmeisterschaft in Rom mit vielen Restriktionen, weil man Sorge hatte, dass zu viel getrunken würde. Die Karten für das Endspiel waren alle längst vergeben. Es war so, dass Italien aus dem Turnier herausflog und Deutschland im Endspiel stand. Plötzlich waren viele Karten zu erwerben. Dann haben mehrere Mitstudenten und ich die Gelegenheit genutzt und wir konnten kurzfristig an Karten für das Endspiel kommen. 

DOMRADIO.DE: Was herrschte für eine Atmosphäre im Stadion? 

Overbeck: Das war ein ganz schöner, heißer Abend, aber gleichzeitig auch ein spannungsvoller, weil viel mehr Deutsche im Stadion waren als anfangs gedacht. Das war eine ganz positive, lebendige und uns gegenseitig stärkende Atmosphäre. Die habe ich noch in lebendiger Erinnerung. 

Franz Beckenbauer im Olympiastadion Rom / © Frank Kleefeldt (dpa)
Franz Beckenbauer im Olympiastadion Rom / © Frank Kleefeldt ( dpa )

DOMRADIO.DE: Es gab in dem Spiel fragwürdige Schiri-Entscheidungen. Haben Sie das im Stadion auch so wahrgenommen oder wurde Ihnen das erst alles später bewusst? 

Overbeck: Der erste nicht gegebene Elfmeter war schon schwierig. Wir hatten das gesehen, aber nicht wirklich begriffen, weil die Übertragungsmöglichkeiten andere waren, als sie es heute sind. Damals lebten wir noch in einer nicht digitalen Welt. Das Spiel ging dann weiter. Der erfolgreiche Elfmeter von Andy Brehme war wie eine Erlösung und es gab unendlichen Jubel. Wir wussten, dass nur noch fünf Minuten Spielzeit übrig sind. Damit war das Spiel entschieden.

DOMRADIO.DE: Die Fernsehbilder, wie Franz Beckenbauer nach dem Sieg alleine über den römischen Fußballrasen läuft, sind bis heute unvergessen. Wie haben Sie das erlebt? 

Overbeck: Es hat uns alle sehr bewegt, das zu sehen. Das Stadion war in heller Aufruhr und es war eine mega gute Stimmung. Gleichzeitig ging ein nachdenklicher Franz Beckenbauer über den grünen römischen Rasen des Olympiastadions. Wir dachten, da macht einer so etwas wie einen Kassensturz oder so. Dieses Bild habe ich nicht vergessen und als er starb kam diese Erinnerung wieder hoch.

DOMRADIO.DE: Sie haben gerade von Erlösung gesprochen. Hand aufs Herz: Haben Sie an dem historischen Fußballabend die Präsenz Gottes ganz besonders gespürt? 

Overbeck: Das würde ich nicht sagen. Aber es war ein Abend, wo ich dachte: Da ist auch Gott im Spiel. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR