DOMRADIO.DE: Für wen genau sind Sie da Pate geworden? Was wissen Sie über den Mann?
Bischof Christian Stäblein (Beauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland für Flüchtlingsfragen): Ich habe für Javad Rouhi, so heißt er, die Patenschaft übernommen. Das ist ein 35-jähriger junger Mann aus Amol im Nordiran. Er ist dort am 22. September im letzten Jahr verhaftet, festgenommen worden. Seitdem sitzt er im Gefängnis, wird gequält und gefoltert. Es wird Anklage gegen ihn erhoben und er ist bereits dreifach zum Tode verurteilt worden. Und jetzt kommt es darauf an, dass wir die Stimme für ihn laut machen.
DOMRADIO.DE: Wie müssen wir uns das vorstellen? Was heißt es ganz konkret, die Patenschaft für diesen Mann zu übernehmen?
Stäblein: Die Patenschaft zu übernehmen heißt in diesem Fall: Ich habe an den Präsidenten Irans und ich habe an den iranischen Botschafter hier in Deutschland geschrieben und nachdrücklich darauf hingewiesen und darum gebeten, dass er aus der Haft freigelassen wird.
Es gibt keine Beweise. Er ist wegen Aufruhr angeklagt. Es gibt große Überschriften für diese Anklage, aber das sind schwerste Verletzungen der Menschenrechte. Er wird im Gefängnis gequält, die Familie lebt in Angst, aber sie hat sich jetzt dafür entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen, um auf diese Weise eine letzte Chance zu haben, dass Javad Rouhi wieder freikommt.
DOMRADIO.DE: Sie fordern, dass er aus dem Gefängnis, aus der Todeszelle freikommt. Gibt es noch etwas?
Stäblein: Ich fordere das Gleiche für politische Gefangene dieser Art. Die Vermittlung an dieser Stelle läuft ja über die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Es gibt einige etliche Menschen im Iran, die im Moment in dieser Weise festgenommen worden sind, die mit großen Vorwürfen überzogen werden, zum Tode verurteilt und hingerichtet werden. Und ich glaube, diese Menschen brauchen unsere Stimme und sie brauchen die Öffentlichkeit.
Denn Unrecht dieser Art lebt immer davon, dass es von der Öffentlichkeit ferngehalten wird. Und deswegen kommt es darauf an, in diesem Moment die Öffentlichkeit für den jungen Mann und für viele mit ihm groß zu machen, damit das Regime umkehrt.
DOMRADIO.DE: Jetzt könnte man sagen, den Mullahs wird das ziemlich egal sein, wenn wir hier in Deutschland über einzelne Fälle sprechen. Was erhoffen Sie sich davon, dass sie in Deutschland, in Europa, in der Welt von diesen Inhaftierten zu sprechen?
Stäblein: Ich glaube nicht, dass das denen ganz egal ist. Auch Ländern dieser Art kommt es immer darauf an, in der Öffentlichkeit den Eindruck eines Rechtsstaates zu vermitteln. Und in dem Moment, wo wir Patenschaften dieser Art übernehmen, wo wir auf das Leid der Menschen aufmerksam machen, ist es immer wieder vorgekommen, dass eine Todesstrafe in eine Haftstrafe und eine Haft in eine Abschiebung umgewandelt wird, weil es auch für diese Länder darum geht, nicht öffentlich am Pranger zu stehen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.