Der katholische Bischof von Charkiw, Pavlo Honcharuk, hat die derzeitige Lage in seiner ukrainischen Stadt unter Beschuss als eine "traurige Realität" beschrieben.
"Es wird dauernd geschossen, das ist jetzt normal. Alles bebt, und es ist sehr laut", sagte der Kirchenmann dem in München ansässigen päpstlichen Hilfswerk Kirche in Not (Donnerstag). Die Fenster klirrten ständig, als würden gleich die Scheiben herausfallen. "Es ist sogar verdächtig, wenn es ruhig ist. Dann wissen wir nicht, was kommt."
Katholiken und Orthodoxe beten gemeinsam
Nach Honcharuks Worten sitzen die Menschen in Bunkern und Schutzkellern. Regelmäßig besuchten er und andere Priester sie in U-Bahn-Stationen, wo sie auf Bahnsteigen und in den Waggons Schutz suchten und schliefen. "Wir beten dort gemeinsam: Katholiken und Orthodoxe gemeinsam." Auch humanitäre Hilfe wie Medikamente, Essen und Windeln erreiche sie noch in kleinen Bussen oder Autos. Diese kämen auf den Straßen besser durch als Lkw.
Die Krankenhäuser könnten noch arbeiten, versichert der Bischof. "Wir konnten auch Windeln an das psychiatrische Krankenhaus liefern, wo Menschen mehrere Tage ohne Hygieneartikel auskommen mussten." Die Kirche organisiere soweit möglich Hilfe: "Das ist jetzt unsere Mission." Vor allem aus der Westukraine träfen viele Hilfsgüter aus ganz Europa über die polnische Grenze ein. Das sei ein schönes Zeichen von Solidarität.
Männer verabschieden sich von Frau und Kindern
Ergreifende Szenen spielen sich laut Honcharuk am Bahnhof der Stadt ab. "Da kein Mann zwischen 18 und 60 Jahren das Land verlassen darf, verabschieden sich die Männer von ihren Frauen und Kindern, nicht wissend, wann und ob sie sich überhaupt jemals wiedersehen werden." Er sehe viel Traumatisierung in den Augen und in den Gesichtern, berichtet der Bischof. Nach dem Krieg gebe es sicher viele psychische Krankheiten.