Bischof Wilmer hebt Unterschiede in der Kirche hervor

"Kirche war nie eine völlig homogene Gruppe"

Warum bleiben Menschen in der Kirche und was motiviert sie, weiterzumachen? Das war Thema der "dennoch."-Konferenz in Hannover. Bischof Heiner Wilmer hat großes Vertrauen in die Gläubigen und eine Botschaft für die, die zweifeln.

Bischof Heiner Wilmer / © Michael Althaus (KNA)
Bischof Heiner Wilmer / © Michael Althaus ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was sagen Sie Menschen, die zu Ihnen kommen und mit dem Gedanken spielen, bei der Kirche auszutreten?

Heiner Wilmer (Bischof von Hildesheim): Es kommen immer wieder Menschen zu mir, die zweifeln, die mir schreiben, die mir sagen, dass sie austreten wollen. Ich bedaure das total. Jeder und jede, die austritt, ist ein riesiger Verlust für die Kirche. Für mich ist wichtig, dass wir für diese Menschen offen bleiben, dass wir sie innerlich umarmen, dass wir für sie beten, für sie einen Platz frei halten und dass wir ihnen mit einer großen Geduld und Empathie begegnen.

Bischof Heiner Wilmer / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Heiner Wilmer / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Bei der dennoch.Konferenz am Wochenende ging es um die Zukunft der Kirche, um neue Wege der Glaubensverkündigung, via Facebook oder Instagram zum Beispiel. Das sind moderne Wege, die auch junge Menschen ansprechen sollen. Was machen wir denn mit dem Teil der Kirche, der diese innovativen Wege gar nicht mitgehen möchte?

Wilmer: Was wir mit jenen machen, die keine Veränderung wollen? Ich würde vorschlagen, dass jeder bei sich bleibt und seine Spiritualität lebt, dass man sich Zeit für Stille, fürs Gebet und für eine große innere Liebe nimmt.

Und zweitens, dass ich dem Anderen, der einen anderen Weg denkt, mit einer großen Güte und Wärme begegne und ihm oder ihr bedeute, dass sich die Kirche letztlich immer schon verändert hat.

Die Wahrheit bleibt, Gott bleibt, aber die Form der Kirche hat sich immer schon durch die Jahrhunderte verändert. Von daher dürfen wir getrost auf die Kraft des Heiligen Geistes hoffen, der bei uns ist und der schon dafür sorgen wird, dass hier nichts zusammenbricht.

DOMRADIO.DE: Aber viele fürchten derzeit eine Spaltung der Kirche. Müssen die Konservativen überzeugt werden oder die Progressiven eingefangen werden?

Wilmer: Ach, ich sehe das persönlich recht gelassen, weil es in der Geschichte der Kirche nie ein uniformes Lager oder eine völlig homogene Gruppe gab. Wir hatten immer heterogene Gruppen. Von daher brauchen wir einen langen Atem, Zuversicht und Hoffnung.

DOMRADIO.DE: Welche Botschaft geben Sie den Menschen mit, die drei Tage bei der Konferenz dabei waren und jetzt wieder in ihren Alltag im kirchlichen Dienst oder in ihre Gemeinden zurückkehren?

Wilmer: Sie sollen wissen, dass sie eine riesige Wirkung auf mich haben, dass sie mich verändert haben, weil ich mit noch größerem Vertrauen in meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Hause fahre. Ich fahre mit einer noch größeren Zuversicht nach Hause, mit Blick auf die Gläubigen, weil ich hier erfahren habe, wie der Heilige Geist wirkt.

Ich habe erfahren, wie Gottes Kraft auf Wegen unterwegs ist, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Von daher hoffe ich, dass sie große Empathie mitnehmen, vielleicht auch etwas Demut und eine große Gelassenheit in Gott.

Das Interview führte Ina Rottscheidt.

dennoch.-Konferenz sucht Impulse für Zukunft der Kirche

Auf der "dennoch-Konferenz" beschäftigen sich in Hannover rund 520 Personen mit der Zukunft der Kirche. "Von der Konferenz erhoffe ich mir einen Sammelpunkt von Kräften, die jeweils für sich originelle, kreative und nachhaltige Projekte von Kirchenentwicklung verantworten", sagte der Bochumer Pastoraltheologe und Mitorganisator Matthias Sellmann der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Symbolbild: Vortrag, Redner, Konferenz, Symposium, Debatte, Diskussion, Veranstaltung. / © Matej Kastelic (shutterstock)
Symbolbild: Vortrag, Redner, Konferenz, Symposium, Debatte, Diskussion, Veranstaltung. / © Matej Kastelic ( shutterstock )
Quelle:
DR