DOMRADIO.DE: Herr Bischof Wilmer, wir stehen in Bremerhaven. Hier wurde die Renovabis-Pfingstaktion heute eröffnet. Warum stehen wir gerade in Bremerhaven? Sie sind ja der Bischof von Hildesheim.
Dr. Heiner Wilmer (Bischof von Hildesheim): Bremerhaven ist für das Bistum Hildesheim ein Schlüsselort. Hier ist der Hafen. Hier sind, damals in den 20er-Jahren, aber auch schon vor über 100 Jahren, viele Menschen ausgewandert, viele Deutsche, die in Not waren. Und hinter mir steht der Eisbrecher "Wal", Jahrgang 1934.
Das Schiff hat damals schon viele Deutsche aus Danzig gerettet, die sonst umgekommen wären. Und man kann nur dankbar sein für Menschen, die auch heute noch andere Menschen retten.
DOMRADIO.DE: Arbeitsmigration in Osteuropa ist das große Thema der diesjährigen Renovabis-Pfingstaktion. Wie blicken Sie auf Osteuropa, gerade auch unter dem Aspekt der Arbeitsmigration?
Wilmer: Als Deutsche, als Christen können wir nur dankbar sein für die vielen Menschen aus Osteuropa, die uns in Deutschland unterstützen. Wir haben so viele Menschen in der Pflege. Allein in Deutschland leben zurzeit 300.000 Menschen und arbeiten in den Krankenhäusern und kümmern sich, vor allem privat, auch um Demenzkranke. Ältere Menschen kümmern sich um kranke Menschen.
Wir sind so dankbar für die Menschen, die bei uns arbeiten. Und gleichzeitig muss man sagen, dass es nicht immer gerecht zugeht. Es wird nicht immer gut bezahlt, manche werden sehr ausgenutzt. Wir haben sehr viele FernfahrerInnen, LKW-FahrerInnen, die zum Teil für Dumpingpreise arbeiten, zwölf Stunden und mehr, ohne Urlaub oder freie Tage.
Wir haben sie im Spargel-Anbau oder in den Fleisch-Höfen. Zum Teil arbeiten sie unter fürchterlichen Bedingungen. Und man muss sagen, Deutschland hat auch Sklaven!
DOMRADIO.DE: Was erhoffen Sie sich? Was ist das Signal des heutigen Tages und dieser Renovabis-Pfingstaktion 2023?
Wilmer: Der Schlüsselbegriff der Renovabis-Pfingstaktion 2023 lautet Gerechtigkeit. Wir brauchen Gerechtigkeit für alle. Wir brauchen Würde für alle. Wir brauchen ein Ende der Sklaverei. Wir brauchen Gerechtigkeit im Namen Gottes.
Das Interview führte Alexander Foxius.