Bistum Dresden-Meißen begeht "Umwelttag" auf Mülldeponie

"Wir haben uns daran gewöhnt, in einer Komfortzone zu leben"

Nicht immer nur über Umweltschutz reden - man muss auch mal machen. Aus dieser Motivation startete das Bistum Dresden-Meißen einen Aktionstag. Das freut sogar den Papst, wie Bischof Timmerevers zu berichten wusste.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Mülldeponie / © Julian Stratenschulte (dpa)
Mülldeponie / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Kirche auf den Müll? Nein, das Bistum Dresden-Meißen hatte für Samstag nicht etwa zur "Selbstentsorgung" auf die Zentraldeponie Cröbern bei Leipzig eingeladen, sondern zum Blick nach vorn. Bistum und Katholikenrat wollten mit einem Aktionstag zum Thema "Umwelt und Bewahrung der Schöpfung" vor allem Bewusstsein schärfen und damit einen "wichtigen Meilenstein" auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz setzen, wie es Bischof Heinrich Timmerevers formuliert. "Wir haben uns daran gewöhnt, in einer Komfortzone zu leben - aber da sind wir in einer Sackgasse." Es gehe um das "konkret werden" und um Neuorientierung.

Bischof Heinrich Timmerevers / © Dominik Wolf (KNA)
Bischof Heinrich Timmerevers / © Dominik Wolf ( KNA )

Treffen auf der Mülldeponie

Und das auf einer Deponie? "Wir wollten ganz bewusst an einen Ort gehen, der weh tut", erläutert die Vorsitzende des Katholikenrats, Martina Breyer. "Hier wird ganz deutlich sichtbar, welche Folgen unser Konsumverhalten hat. Wir stehen hier auf einem großen Hügel - der ist zwar grün, aber darunter ist ausschließlich Müll."

Auf der Zentraldeponie Cröbern werden schadstoffhaltige Abfälle, die nicht recycelbar sind, dauerhaft eingeschlossen und gelagert, solange eine Verwertung oder Beseitigung nicht möglich ist. Mit mehrfachen Barrieren wird das Grundwasser vor Verunreinigungen gesichert. Durch einen Tunnel ist die Deponie von unten begehbar - die dadurch mögliche Überwachung der Abdichtung gilt als bundesweit einmalig.

Klugerweise hängte sich das Bistum mit seinem Umwelttag an den jährlichen Tag der offenen Tür der Deponie. Und so "verirrt" sich auch manch nicht-kirchlicher Besucher an die Stände des Bistums und diverser katholischer Verbände und Initiativen und kann erfahren, was so alles drin steckt in "Bewahrung der Schöpfung".

Wunsch nach konkreten Änderungen

Wohl kaum jemand würde heutzutage noch wagen zu sagen, Umweltschutz sei überflüssig. Allein: Der Weg vom Wissen zum Machen ist dann doch mitunter lang - auch in Pfarrgemeinden, wie während einer Diskussionsrunde mehrere Besucher im Publikum schildern. "Ich erlebe da sehr oft eine große Zurückhaltung bis Ablehnung", erzählt eine ältere Dame. "Noch immer sehe ich, dass das Highlight bei Pfarrfesten die Bratwürste aus Massentierhaltung sind." Sie wünsche sich mehr konkrete Anregungen für die Gemeinden an der Basis, "damit das Thema endlich dort wirklich mal ankommt und auch ernstgenommen wird".

Anregungen dazu freilich gibt es beim Umwelttag reichlich: In zahlreichen Workshops und auf dem Markt der Möglichkeiten bekommen Besucherinnen und Besucher zahlreiche Tipps und Tricks zum sparsamen Umgang mit Energie, zur CO2-Vermeidung, Nistkästenbau und Recyclingbasteln - oder wie Kleidung ökologisch nachhaltig wird. Das Angebot ist breit und bunt, selbst über Nischenangebote wie "Nachhaltiges Predigen" kann man sich informieren.

Auch das Publikum ist bunt durchmischt. Familien sind ebenso zur Deponie gekommen wie Rentner. Drei "mittelalte" Ehepaare aus Chemnitz kommen angeregt ins Gespräch über einen soeben gehörten Vortrag, in dem der Münchner Sozialethiker und Theologe Markus Vogt für mehr "ordnungsrechtliche Maßnahmen" plädiert hat, um das Konsumverhalten des Einzelnen zu regulieren. "Das stimmt ja, das mit der Eigenverantwortung funktioniert einfach nicht", sagt einer der Männer. Seine Frau pflichtet bei: "Die meisten verzichten höchstens da, wo es sie nicht groß einschränkt."

Ihre Kinder seien bei dem Thema viel bewusster als sie selbst es früher waren. Aber dass sogar der Jugend der Optimismus abhanden komme, das gebe zu denken. Alle nicken. Plötzlich bricht es aus einem heraus: "Ich bin auch hier, weil ich Angst habe. Dass uns alles um die Ohren fliegt. Dass wir das mit dem Klimawandel einfach nicht mehr in den Griff kriegen." Sie wünschen sich auch, dass "die Kirche bei dem Thema mehr Farbe bekennt".

Das dürfte ganz im Sinne von Papst Franziskus sein. Der freut sich übrigens auch über diesen Umwelttag auf der Leipziger Mülldeponie, wie Bischof Timmerevers verrät. In einer Privataudienz habe er dem Papst unlängst berichtet, dass seine Umwelt-Enzyklika "Laudato si" das Bistum sehr motiviert habe, den Aktionstag zu veranstalten: "Der Heilige Vater hörte sehr aufmerksam zu, lächelte und sagte einfach nur: Sie wirkt doch!"

Klima- und Umweltschutz in der Kirche

Die Deutsche Bischofskonferenz beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit ökologischen Fragen. Papst Franziskus’ Enzyklika Laudato si’ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus hat im Jahr 2015 dem christlichen Auftrag zur Schöpfungsverantwortung auf weltkirchlicher Ebene Aufmerksamkeit verschafft. Daran anschließend hat der Papst im Februar 2020 mit dem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Querida Amazonia die Themen der Enzyklika am Beispiel Amazoniens konkretisiert.

Symbolbild Biodiversität, Biene, Artenvielfalt. Natur / © Kateryna Ovcharenko (shutterstock)
Symbolbild Biodiversität, Biene, Artenvielfalt. Natur / © Kateryna Ovcharenko ( shutterstock )
Quelle:
KNA