DOMRADIO.DE: Im einzigen EM-Spielort im Bistum Essen – der Arena in Gelsenkirchen-Schalke – steht schon seit vielen Jahren die "Fußballkirche St. Josef" und bietet bei Heimspielen Fan-Seelsorge an. Am Freitag um 21 Uhr findet in München das EM-Eröffnungsspiel Deutschland – Schottland statt. Was planen Sie da?
Christiane Rother (Gemeindereferentin, Seelsorgerin bei der "Fußball-Kirche" auf Schalke): Wir werden für alle Deutschlandspiele ein Public Viewing in der Kirche anbieten und natürlich auch für alle Spiele in der Arena. Aber am Freitag ist einfach Start, Premiere und Probe: alles gleichzeitig.
DOMRADIO.DE: Das heißt, die Leinwand steht auf dem Altar?
Rother: Nein, die steht vor dem Altar, wir brauchen natürlich eine ganz große, damit auch alle was sehen können. Aber den Altar sieht man noch.
DOMRADIO.DE: Wie geht denn Fußball mit Seelsorge zusammen? Fußballfans würde man jetzt nicht zuallererst in der Kirche vermuten, sondern eher am Bierstand. Und welche Gespräche führen Sie da?
Rother: Wir sprechen über alles, was die Fans gerade bewegt. Die Kirche ist an Spieltagen von Schalke und jetzt während der EM immer schon von weitem an den Flaggen zu erkennen, normalerweise sind die blau weiß und jetzt während der EM hängen die entsprechenden Länderfahnen.
Und wir sind als Kirche genauso fußballverrückt wie die Fans selbst, die auch in ihren Trikots und Schals daherkommen und somit bringen die einfach ihre Themen mit in die Kirche: Das kann die Mannschaft sein, die gerade nicht so gut ist, wie sie sich das wünschen. Der Trainer, der doof ist oder eben auch die ganz alltäglichen Sorgen, die jeder hat.
DOMRADIO.DE: Sie bieten neben dem "Rudelgucken" auch viele andere Aktionen rund um die EM im ganzen Bistum am, welche sind denn das?
Rother: Es gab einen Eröffnungsgottesdienst in der Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen Schalke und es wird im Bistum noch weitere Gottesdienste zur EM geben, die dann meistens mit gemeinsamem Fußballgucken, Grillen und Wurstessen enden, was man eben an einem Spieltag so macht.
Es gibt einen Pilgerweg in Gelsenkirchen, die "Extratour 04", die wird auch zur EM begangen, vielleicht hilft das der deutschen Mannschaft, wenn alle pilgern kommen. Es gibt die verschiedensten Sachen, auch Themenabende zum Fußball, wo miteinander diskutiert wird, verteilt auf das ganze Bistum.
DOMRADIO.DE: Die "Fußball-Kirche" des Bistums Essen, St. Joseph in Gelsenkirchen-Schalke, gibt es schon lange, bei jedem Heimspiel sind Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen da. Sie sind aber Dortmund-Fan. Was sagen denn die Schalker dazu?
Rother: Ich trage schwarz-gelb nicht vor mir her. In erster Linie bin ich Fußballfan und weiß, wie es anderen Fußballfans geht, die sich auf den Weg ins Stadion machen, die mit ihrer Mannschaft mitfiebern. Und das gebe ich den Fans mit. Die fragen in der Regel auch nicht, ob ich Schalke-Fan bin oder nicht.
Ich glaube, das fällt am Spieltag auch nicht auf, ich trage dann eine blau-weiße Weste, weil sich das einfach so gehört. Einige wenige wissen, dass ich BVB-Fan bin, aber wir gucken uns gegenseitig liebevoll an. Das macht dann auch Spaß.
DOMRADIO.DE: Auf der Fahne vor Ihrer Kirche steht der Slogan: "Vorm Spiel ist inne Kirche" – Darf man für Tore und Siege beten?
Rother: Aber sicher doch.
DOMRADIO.DE: Ab Freitag sind wieder 80 Millionen Bundestrainer im Einsatz: Wie gut ist die deutsche Mannschaft aufgestellt und wie weit wird sie kommen: Was ist Ihre Prognose?
Rother: Ich möchte eigentlich nicht eine von diesen vielen Bundestrainern und -trainerinnen sein. Ich drücke der deutschen Mannschaft natürlich die Daumen, anders kann ich auch gar nicht, denn ich habe der deutschen Mannschaft von klein auf immer die Daumen gedrückt.
Und ich wäre natürlich auch enttäuscht, wenn sie nicht weiterkommen. Realistisch wünsche ich mir, dass sie die Gruppenphase überstehen und im Achtel- oder sogar Viertelfinale weiterkommen. Vom Finale mag ich jetzt noch nicht träumen.
DOMRADIO.DE: Ihr Tipp: Wer steht im Finale?
Rother: Mein Bauchgefühl sagt mir: England und Frankreich.
Das Interview führte Tobias Fricke.