Bistum Hildesheim für Verbleib der in Gruft bestatteten Bischöfe

Keine Begräbnisstätte mehr

Das Bistum Hildesheim hat beschlossen, die in der Bischofsgruft des Hildesheimer Doms bestatteten Bischöfe nicht umzubetten. Dafür werde zukünftig die Bischofsgruft nicht mehr als Begräbnisstätte für Hildesheimer Bischöfe dienen.

Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar (KNA)
Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar ( KNA )

Die Gruft soll auch nicht mehr öffentlich zugänglich sein. Den Angehörigen der Bischöfe wird auf Anfrage der Zutritt weiterhin ermöglicht. 

Diese Entscheidung hat das Hildesheimer Domkapitel gemeinsam mit dem Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ getroffen. Damit verbunden ist auch der Entschluss, die Hildesheimer Bischöfe künftig auf dem Annenfriedhof zwischen den Kreuzgängen der Kathedrale zu bestatten.

Bestatteten Bischöfen werden eklatante Missstände vorgeworfen

Der Entscheidung vorausgegangen waren umfangreiche Beratungen mit unterschiedlichen Beteiligten. Dazu zählten Betroffene von sexualisierter Gewalt und Angehörige der Bischöfe, die in der Gruft bestattet sind, außerdem mehrere Gremien des Bistums Hildesheim (Diözesanpastoralrat, Priesterrat, Domkapitel). 

Dabei ging es besonders um die Frage, ob die sterblichen Überreste Bischof Heinrich Maria Janssens in der Bischofsgruft verbleiben sollen oder nicht. Neben Bischof Janssen sind in der Bischofsgruft die Bischöfe Joseph Godehard Machens und Dr. Josef Homeyer bestattet.

Eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2021 hat ergeben, dass es während der Amtszeit Bischof Janssens von 1957 bis 1982 eklatante Missstände im Umgang mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in der Diözese gegeben hat. Darüber hinaus sind die Vorwürfe von fünf Betroffenen dokumentiert, die angeben, Bischof Janssen habe sexualisierte Gewalt an ihnen verübt.

Totenruhe in der Gruft soll gewahrt bleiben

Es gibt mehrere Gründe, die Bischof Wilmer und die Domkapitulare zur Entscheidung veranlasst haben, die Bischöfe in der Bischofsgruft zu belassen und diese dauerhaft zu verschließen:

Heiner Wilmer / © Harald Oppitz (KNA)
Heiner Wilmer / © Harald Oppitz ( KNA )

"Wir schließen die Bischofsgruft dauerhaft, um damit deutlich zu machen, dass dieser Ort nicht dazu dient, die drei dort bestatteten Bischöfe des 20. Jahrhunderts in herausgehobener Art und Weise zu ehren", macht Bischof Wilmer deutlich. "Kathedralen waren immer schon Orte des Gottesdienstes und zugleich Friedhöfe. Auch der Hildesheimer Dom ist im Laufe vieler Jahrhunderte immer wieder zur Grabstätte geworden – die Bischofsgruft ist eine von ihnen, nicht mehr und nicht weniger."

Zugleich werde mit der Schließung deutlich, "dass die Bischofsgruft kein Verehrungsort für verstorbene Bischöfe ist, sondern letztlich eine übliche Grabstelle neben weiteren Bestattungsorten in der Bischofskirche, an denen die sterblichen Überreste von Geistlichen ruhen, die bereits mehrere hundert Jahre oder länger verstorben sind." 

Man belasse die drei in der Bischofsgruft bestatteten Bischöfe an ihrem Ort, "um ihre Totenruhe nicht zu stören". Das gebiete "unsere grundsätzliche Achtung vor den Verstorbenen, unabhängig davon, wie viel Schuld sie zu Lebzeiten auf sich geladen haben". Mit der nun getroffenen Entscheidung wird auch dem Wunsch der Angehörigen der verstorbenen Bischöfe Rechnung getragen, die sich gegen eine Umbettung ausgesprochen hatten.

Lebensgeschichte über QR-Code abrufbar

Zugleich, so Bischof Wilmer, müsse man klar benennen, dass von fünf Menschen gravierende Tatvorwürfe gegen den verstorbenen Bischof Heinrich Maria Janssen erhoben worden sind und er während seiner Amtszeit Verbrechen der sexualisierten Gewalt durch Geistliche nicht unterbunden, sondern vertuscht hat.

Der bereits verstorbene Heinrich Maria Janssen (KNA)
Der bereits verstorbene Heinrich Maria Janssen / ( KNA )

"Dieser Befund ist schrecklich, er gehört zur Biografie Bischof Heinrich Maria Janssens und zum düsteren Kapitel der sexualisierten Gewalt im Bistum Hildesheim. Daran zu erinnern, sich dessen immer wieder bewusst zu werden und alles dafür zu tun, diese Verbrechen in Zukunft zu verhindern, ist unsere Verantwortung in der Gegenwart."

Nun soll ein Schild vor der verschlossenen Bischofsgruft darüber informieren, dass es gegen den verstorbenen Bischof Janssen Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gibt. Ein QR-Code auf dem Schild wird es Besucherinnen und Besuchern des Doms ermöglichen, digitale Informationen zur Lebensgeschichte der dort bestatteten Bischöfe und zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bistum Hildesheim abzurufen.

Dazu werden ausführliche Erläuterungen zum Machtmissbrauch unter der Verantwortung Janssens und den Tatvorwürfen gegen ihn gehören. Der Text wird in Abstimmung mit dem Betroffenenrat Nord veröffentlicht. Diese Informationsmöglichkeit gehört dann zu einer differenzierten Erinnerungskultur zum Thema der sexualisierten Gewalt, die im Bistum Hildesheim gegenwärtig entwickelt wird.

Bistum Hildesheim

Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar (KNA)
Hildesheimer Dom / © Daniel Pilar ( KNA )

Zur Diözese Hildesheim zählen rund 538.000 Katholiken im östlichen Niedersachsen und im Norden Bremens. Das rund 30.000 Quadratkilometer große Bistum reicht von der Nordseeküste bis zu den südlichen Ausläufern des Harzes bei Göttingen und Duderstadt. Die Katholiken bilden im Bistum in fast allen Regionen der Diözese eine Minderheit (Diaspora).

Es zählt 119 Kirchengemeinden in 17 Dekanaten. Heiner Wilmer ist der 71. Bischof des Bistums. Er folgt auf Bischof Norbert Trelle, dessen altersbedingten Rücktritt Papst Franziskus am 9. September 2017 annahm.