DOMRADIO.DE: Warum setzten Sie diese Entscheidung des Synodalen Weges so schnell um?
Dr. Martina Kreidler-Kos (Leiterin Seelsorgeamt Bistum Osnabrück): Die Menschen haben lange auf diese Beschlüsse gewartet. Jetzt sind sie da, jetzt können sie auch umgesetzt werden.
DOMRADIO.DE: Handeln Sie sich damit nicht jede Menge Ärger ein? Aus Rom beispielsweise?
Kreidler-Kos: Ich verweise noch mal darauf: Wir haben einen Beschluss des Synodalen Weges mit der Zweidrittelmehrheit der Synodalen und der Zweidrittelmehrheit der Bischöfe. Das ist ein breiter Rückenwind der deutschen Ortskirche für diesen Beschluss.
Der gilt im Übrigen nicht nur für gleichgeschlechtlich liebende Paare, sondern auch für geschiedene wiederverheiratete Paare oder Paare, die sich aus welchen Gründen auch immer, für das Ehesakrament noch nicht bereit sehen. Das heißt, es betrifft eine noch breitere Gruppe.
Ich finde es entscheidend dazu zu sagen, dass es auch ganz viele Familienangehörige, Freunde und Freundinnen betrifft. Also, das breite Gottesvolk ist von diesem Beschluss betroffen.
DOMRADIO.DE: Es ist ein Beschluss in und für Deutschland. Trotzdem sieht der Vatikan das ja ein bisschen anders.
Kreidler-Kos: Das ist tatsächlich der Fall. Und auch an vielen Stellen der Weltkirche wird das anders gesehen. Das ist ja auch politisch eine Frage. Wo wird wie mit dem Thema Homosexualität umgegangen? Aber Papst Franziskus ermutigt uns, ortskirchliche Lösungen zu finden.
In Deutschland ist es tatsächlich eine Frage. Wir haben im Bistum Osnabrück in den letzten Jahren erlebt, dass viele Paare, die sich lieben, nach dem Segen fragen. Das heißt, da gibt es eine pastorale Notwendigkeit. Auf die kann jetzt reagiert werden.
DOMRADIO.DE: Haben Sie schon Rückmeldungen zu diesem Schritt bekommen?
Kreidler-Kos: Ich kann Ihnen von breiter Freude berichten, die uns durch die sozialen Medien oder in Mails erreicht. Ganz konkret haben wir beispielsweise eine Mail eines Paares bekommen, die beide geschieden sind und lange gezögert haben, eine neue standesamtliche Eheschließung einzugehen.
Jetzt planen sie in großer Freude diesen Schritt, weil sie sagen, jetzt gibt es auch eine liturgische Form dafür, wenn sie diesen Schritt wagen.
DOMRADIO.DE: Bischof Franz-Josef Bode hat auch einem weiteren Reformschritt zugestimmt. In Ihrem Bistum dürfen zukünftig auch Männer und Frauen ohne Priesterweihe predigen. Glauben Sie, das wird gut laufen und gut angenommen werden?
Kreidler-Kos: Da bin ich sogar sehr sicher. Wir haben das schon in einer Predigt-Woche, jeweils im September erprobt. Das startete mal unter dem Titel "Frauen verkünden das Wort", mittlerweile heißt es "Gottes Wort verkünden". Auf jeden Fall haben wir in diesen Wochen breite Zustimmung erlebt.
Da haben sich zunächst Frauen, dann Frauen und Männer engagiert, die sich im Übrigen in eine Ausbildung begeben haben, die also viel Zeit dafür investiert haben, das Wort Gottes in einer Eucharistiefeier zu verkünden.
Wir wollen das auch zukünftig so machen, dass wir diese Leute qualifizieren. Auch hier warten viele Menschen darauf und freuen sich, dass es künftig neue Impulse, andere Lebenserfahrungen und verschiedenste Begabungen gibt, die das Wort Gottes auslegen.
DOMRADIO.DE: Kann man mit diesen Schritten das Ruder herumreißen und Leute wieder für die katholische Kirche begeistern, vielleicht auch zurückholen?
Kreidler-Kos: Das wäre auf jeden Fall mein Wunsch. Zunächst kann man die ermutigen, die schon lange diese gute und intensive Arbeit machen, also, die Paare begleiten, die Täuflinge und ihre Familien begleiten, die sich intensiv mit der Bibel, mit der Verkündigung beschäftigen.
Das ist nicht gering zu achten, diesen Menschen jetzt endlich auch offiziell Rückenwind zu geben. Und natürlich erhoffen wir uns alle eine Belebung der Pastoral und vielleicht auch ein froheres Bild, das diese Kirche nach außen gibt.
Das Interview führte Katharina Geiger.