Bistum Rottenburg-Stuttgart eröffnet Seligsprechungsverfahren für Bischof Sproll

Scharfer Nazikritiker

Mit einem Gottesdienst und einem Festakt hat das Bistum Rottenburg-Stuttgart am Montag das Seligsprechungsverfahren für seinen früheren Bischof Joannes Baptista Sproll (1870-1949) eröffnet. Er war wegen seines Widerstands gegen die Nationalsozialisten nach Bayern ins Exil geschickt worden.

 (DR)

Im Bistum ist Weihbischof Johannes Kreidler für den Fortgang des Verfahrens verantwortlich. Nach dem Gottesdienst stellte Bischof Gebhard Fürst die Mitglieder des für das Verfahren vorgeschriebenen kirchlichen Gerichts vor, die anschließend vom Justitiar der Diözese vereidigt wurden. Für die wissenschaftliche Überprüfung der Untersuchungen wurden Historiker in eine Expertenkommission berufen.



In seiner Predigt sagte Kreidler, die Hochschätzung Sprolls sei im Gedächtnis vieler in der Diözese lebendig. Sproll zähle zu den Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts. Er stelle mit seiner Entschiedenheit den freiheitlichen und befreienden Charakter des Evangeliums vor Augen. Beim Festakt eröffnete Fürst offiziell den "Prozess über das Leben, die Tugenden und der Ruf der Heiligkeit von Joannes Baptista Sproll". Dabei betonte Fürst, viele Menschen sehnten sich nach Vorbildern im Glauben. Kein anderer Bischof habe im Nationalsozialismus so schwere persönliche Konsequenzen zu ertragen gehabt wie Sproll. Fürst nannte es verwunderlich, dass der Name Sproll und dessen Zeugnis außerhalb der Diözese bis heute kaum im Bewusstsein sei.



In Predigten und Denkschriften hatte der Bischof die Ideologie der Nazis kritisiert. 1938 boykottierte er die Volksabstimmung, in der über den "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich und "die Liste unseres Führers Adolf Hitler" abgestimmt wurde. Daraufhin wurde Sprolls Amtssitz verwüstet und der Bischof aus der Diözese verbannt. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte er nach Rottenburg zurück, wo er 1949 starb. Sproll war von 1927 bis 1949 der siebte Bischof von Rottenburg.



"Die Affäre Sproll"

Der renommierte Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf hatte nach einer intensiven Befassung mit Sprolls Biografie betont, es sei nicht "Sache eines Historikers, über den Tugendgrad eines Dieners Gottes zu urteilen". Allerdings sei das "immer im Hintergrund Wabernde" bei der Beurteilung Sprolls ausgeräumt. Wolf spielte damit auf Gerüchte an, Sproll sei Vater eines Kindes gewesen. Wolfs Buch mit dem Titel "Die Affäre Sproll" bewertet den Vorwurf als "völlig unbegründeten Verdacht". Mindestens 80 Prozent von Sprolls Biografie seien aber "bis heute nicht sauber aufgearbeitet", betonte Wolf, der auch der Historikerkommission des Seligsprechungsverfahrens angehört.



Seligsprechungsverfahren werden nach strengen kirchenrechtlichen Regeln zunächst auf Ortsebene geführt. Und zwar in der Heimat des Kandidaten. Wird der Prozess erfolgreich abgeschlossen, geht er nach Rom und wird vor der zuständigen Kongregation neu aufgerollt. Entscheidet diese positiv, liegt es am Papst, einem "Diener Gottes" den "heroischen Tugendgrad" zuzuerkennen. Wenn danach auch ein Wunder - meist eine unerklärliche Heilung - auf Vermittlung des Betreffenden nachgewiesen wird, kann der Papst dessen Seligsprechung anordnen.