Konsequenzen soll es geben, Kritik am Vatikan wurde laut und ein Bischof im Ruhestand bat um Entschuldigung: Aktuelle und ehemalige Verantwortliche des Bistums Würzburg haben sich am Montag zum Thema Missbrauch geäußert. Anlass war das vor knapp einer Woche vorgestellte Gutachten zu sexualisierter Gewalt in der Diözese.
Der Würzburger Bischof Franz Jung kündigte an, sich im Mai mit dem Betroffenenbeirat und weiteren Betroffenen im Bistum austauschen zu wollen. Außerdem werde es zum Auftakt einen Workshop mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission geben, um gemeinsam konkrete Maßnahmen zu erarbeiten. Bis Ende des dritten Quartals 2025 sollen sie fertig sein. Im April 2026 werde es ein Update zu den Fortschritten geben.
"Guck halt, was du daraus machst"
Zudem kritisierte Jung den Umgang des Vatikans mit Missbrauchsfällen. Wenn das Bistum Fälle gemeldet und Rat erbeten habe, sei die Antwort meist gewesen, der Bischof solle selbst entscheiden. Das könne er einerseits verstehen, weil damit die Zuständigkeit im Bistum bleibe.
Dennoch wünsche er sich konkretere Angaben und kein "Guck halt, was du daraus machst", wenn es diese Pflicht zur Meldung gebe. Das Bistum habe in der Vergangenheit teils härtere Gangarten gegenüber Tätern vorgeschlagen, die vom Vatikan wieder abgemildert worden seien. "Das sind Dinge, die mich auch teilweise irritiert haben. Ich habe das auch immer wieder als Rückmeldung eingespielt", so Jung.
Bischof erbittet Entschuldigung
Jung verlas zudem Statements seines Amtsvorgängers Bischof Friedhelm Hofmann sowie des einstigen Missbrauchsbeauftragten und inzwischen emeritierten Domkapitulars Heinz Geist. Beide baten um Entschuldigung. Geist kündigte zugleich an, aufgrund seiner Versäumnisse auf seine Mitgliedschaft im Domkapitel, auf die Feier öffentlicher Gottesdienste sowie auf pastorale Veranstaltungen zu verzichten. Jung nannte dies ein "bemerkenswertes Zeichen der Verantwortungsübernahme", das auch mit finanziellen Einbußen verbunden sei.
Der Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller erklärte in einer Stellungnahme, Jung lasse keinen Zweifel daran, dass die Aufarbeitung weitergehe. Von Hofmann hätte er sich gewünscht, dass dieser sich persönlich bei den Opfern für seine Fehler im Umgang mit sexuellem Missbrauch entschuldige. "Auch fehlen mir bei ihm die Konsequenzen, die sich für ihn, was sein Auftreten in der Öffentlichkeit betrifft, aus seinem Verhalten ergeben." Müller war von 1991 bis 2016 Leiter des Recollectio-Hauses in Münsterschwarzach. Die Einrichtung kümmert sich um körperlich und psychisch angeschlagene Priester, Ordensleute und Mitarbeiter in der Seelsorge.
Diözesanrat: Ganzes System hat versagt
Der Diözesanrat der Katholiken teilte mit, die Vertuschung von Straftaten durch Verantwortliche im Bistum sowie die fehlende Empathie für die Betroffenen seien eine schwere Verletzung der Pflichten zur Hirtensorge. Doch neben Klerikern habe das ganze System versagt, zu dem auch Pfarreimitglieder, Räte, Verbände und Familien von Betroffenen gehörten: "Auch wir stellen uns dieser Schuld und wollen alles dafür tun, dass in Zukunft ein Systemversagen solchen Ausmaßes nicht mehr möglich ist."
Durch die Studie des Wiesbadener Rechtsanwalts Hendrik Schneider waren auch bisher unbekannte Informationen zu einem Fall ans Licht gekommen, wie die Interventionsbeauftragte Kerstin Schüller mitteilte. Diesen gehe man nun nach. Für das Gutachten war der Umgang des Bistums mit Missbrauchsfällen von 1945 bis 2019 untersucht worden. Ermittelt wurden 51 Beschuldigte, davon 43 Geistliche, sowie 226 Betroffene.