Archiv des Erzbistums München und Freising geht online

Blick in die eigene Familiengeschichte

Wer mehr über die eigene Familiengeschichte erfahren will, dem kann ein Blick in die Matrikelbücher der Erzdiözese München und Freising helfen. Sie und andere Archivbestände können ab sofort online eingesehen werden.

Autor/in:
Barbara Just
Blick in die eigene Familiengeschichte / © Karin Hildebrand Lau (shutterstock)
Blick in die eigene Familiengeschichte / © Karin Hildebrand Lau ( shutterstock )

Ein mächtiges Buch liegt da auf dem Tisch im Archiv des Erzbistums München und Freising. Fein säuberlich hat der Tegernseer Pfarrer anno 1692 acht Spalten über zwei Seiten mit dem Lineal gezogen, um Daten aus dem Pfarrleben einzutragen.

Da wäre etwa die Taufe eines gewissen Egidius Quirinus Asam am 1. September. Als seine "Parentes" (lateinisch für Eltern) werden Johann Georg Asam und Frau Maria Theresia genannt. Als Pate konnte der ortsansässige Maler Georg Baumgartner gewonnen werden. Für ihn war dies sicher eine Ehre, denn Vater Asam galt als ein anerkannter Künstler, der den Auftrag hatte, die Tegernseer Klosterkirche auszumalen.

Kostenfreie Recherche

Dokumente, die sonst nur im Original und auf Anfrage eingesehen werden konnten, sind ab diesem Dienstag online zugänglich. Dann können die Archivbestände des Erzbistums von jedem PC oder Mobilgerät aus kostenfrei recherchiert werden. Vier Millionen Seiten sind verfügbar, und es sollen noch mehr werden, heißt es.

Denn erst zehn Prozent des Bestands sind digitalisiert. Dennoch ein "Professionalisierungsschub", wie der Archiv- und Bibliotheksdirektor Johannes Merz betont. Das Projekt begann 2015, die Erzdiözese investierte zwei Millionen Euro.

Künstlerfamilie Asam

Am Beispiel der Künstlerfamilie Asam lässt sich entdecken, welche Schätze des Archivs nun weltweit digital einsehbar sind. So ist etwa die Trauung von Cosmas Damian Asam, dem kongenialen Bruder von Egid Quirin, vermerkt, der am 8. Februar 1717 im Münchner Liebfrauendom Maria Anna Mörl heiratete. Doch Cosmas Taufdatum erfährt man nicht in München. Dafür braucht es das Diözesanarchiv in Augsburg. Der Sohn wurde 1686 in Benediktbeuern geboren, da der Vater samt Familie wegen eines Auftrags im dortigen Kloster weilte. Und das gehört zum Bistum Augsburg.

Als beide Brüder später vom Fürstbischof Johann Franz Eckher den Auftrag für die Neugestaltung des Freisinger Mariendoms bekommen sollten, musste dieser vorab das Domkapitel um Einverständnis bitten.

Begleitschreiben und Vertragsentwurf von 1723 sind erhalten geblieben und wurden in einen dicken Akt eingebunden. 7.000 Gulden waren als Honorar gedacht. Die Asams bekamen den Auftrag und schafften es mit ihren Mitarbeitern innerhalb eines Jahres, den Dom mit Fresken und Stuck in ein barockes Juwel zu verwandeln.

Orts- und Pfarrgeschichte der 748 Pfarreien

Nicht nur solche Dokumente lassen sich online entdecken, sondern auch vieles über die Orts- und Pfarrgeschichte der 748 Pfarreien im heutigen Erzbistum. Abteilungsleiter Roland Götz nennt als Beispiel die oberbayerische Gemeinde Oberwarngau. Erstmals wird sie 1315 schriftlich erwähnt, auch die Höhe der an den Bischof zu leistenden Abgaben werden genannt.

Nicht zu vergessen die Sprache. Viele der Originale sind laut Merz in Latein, vor allem aber in Deutsch abgefasst. Das lässt sich nicht leichter lesen. Oft handle es sich um spezielle Handschriften, dazu komme, dass ein Deutsch mit deutlich bairischem Akzent verwendet worden sei. Wer sich durchbeißt, kann Spannendes finden, etwa in einem Visitationsprotokoll von 1560.

Fragenkatalog zur Zeit der Reformation

Das Zeitalter der Reformation hatte seine Spuren hinterlassen und so wollten Herzog und Bischof wissen, wie es um die Gemeinden steht. Ein Fragenkatalog an den Pfarrer war damit verbunden, in dem dieser Auskunft geben sollte, ob er sein Brevier regelmäßig lese und sittsam lebte.

Dass Hochwürden mit einer Frau und zwei gemeinsamen Kinder im Pfarrhaus wohnte, wurde ohne Kommentar notiert. Mögliche Konsequenzen seien nicht aufgeführt, so Götz. Allerdings habe es auf dem Freisinger Domberg einen "Pfarrerkarzer" gegeben, wo Geistliche bisweilen zwei Tage zum Nachdenken eingesessen haben sollen.

Erfasst ist auch, wie weit der Fußweg einst für die Katholiken zur nächsten Kirche war. Manche der Oberwarngauer wollten auf einmal - Martin Luther lässt grüßen - die Kommunion in beiden Gestalten empfangen, also Brot und Wein. Der katholische Pfarrer kam solchem Ansinnen nicht nach. So ging mancher nach Miesbach, wo der Geistliche offener war. Auch vor über 400 Jahren hatten manche Katholiken und Pfarrer eben schon ihren eigenen Kopf.


Quelle:
KNA