"Das ist die beste Methode, die ich jemals bei einer Synode erlebt habe!", sagte der Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Der erprobte Kirchenmann muss es wissen. Immerhin ist es seine neunte Synode. (Wie dann wohl die anderen Synoden methodisch abliefen, möchte man vielleicht gar nicht so genau wissen...;-) Er reihte sich damit in den großen Lobgesang der Synodenteilnehmer ein, die in den regelmäßigen Pressebriefings vor den Journalisten aus aller Welt von der "Weltbischofs-plus-Laien-inklusive-Frauen-Synode" berichten.
Der Lobgesang, den wir jetzt seit mehr als drei Wochen hören, klingt immer gleich - eben nur in unterschiedlichen Stimmen: Die Stimmung auf der Synode ist gut, die Atmosphäre ist noch besser, wir hören einander gut zu, es ist schön, mit Christen aus aller Welt im Gespräch zu sein, das meditative Schweigen zwischen den Wortbeiträgen hilft uns, wir vertrauen auf den Heiligen Geist, in der Meditation, im Gebet und in der Liturgie sind wir ein Herz und eine Seele!
Da ich hier versprochen habe, meinen Senf dazu zu geben, will ich das auch tun: Stellen wir uns mal eine Minute vor, ein Konzern wie z.B. der Medienriese Bertelsmann würde vier Wochen seine wichtigsten Top-Manager aus aller Welt in die Konzernzentrale nach Gütersloh holen. Ziel wäre, den Konzern angesichts immer größerer globaler Herausforderung sicher in die Zukunft zu bringen. Jeden Mittag gäbe es für die über 100 Journalisten ein Briefing.
Jeden Tag würde erzählt: Die Stimmung ist super. Es ist doch wunderbar, dass wir uns hier in einer offenen Atmosphäre austauschen können. Super, dass jeder ganz frei seine Meinung sagen kann (!!!) und offen ausspricht, was er so denkt. Wie schön, dass jetzt sogar Frauen am Vorstandstisch sitzen. Die Feiern am Abend waren auch immer sehr berauschend. Und besonders gut hat uns gefallen, dass wir täglich über ein Kapitel aus dem Buch unseres Firmen-Patriachen Reinhard Mohn "Menschlichkeit gewinnt" meditiert haben.
Das ist unvorstellbar - oder?
Ich gebe aber gerne zu, der Vergleich ist auch voll gemein: Kirche ist kein Konzern. Die Rendite spielt keine Rolle. Und das ist auch gut so. Aber bei Themen, wie z.B. der nötigen Neukunden-Gewinnung, nachhaltigen Kundenbindung, glaubwürdigen Kommunikation sollte es doch vielleicht Schnittmengen geben?
Wenn die katholische Kirche in der Welt von heute und morgen noch glaubwürdig das Evangelium unter die Leute bringen will, darf es ruhig ein wenig mehr sein. Wenn bei einem einmonatigen Treffen der wichtigen kirchlichen Entscheidungsträger aus aller Welt am Ende auf dem Papier nur steht, wie schön es war, dass wir uns getroffen und mal über alles geredet haben, so reicht das nicht! Eine Synode muss mehr sein, als ein paar römische Einkehrtage, die allen gut getan haben.
Das habe übrigens auch Delegierte in den letzten Tagen hier in Rom zahlreich sehr deutlich gemacht. Da war ordentlich Druck im Kessel. Nicht nur in vertraulichen Gesprächen hinter den Kulissen. Nein, auch im großen Sitzungssaal wurde diese Sorge laut ins Wort gebracht. Viele wollen nicht mit leeren Händen nach Hause fahren. Sie sagten, es müsse jetzt aber bitte wenigstens in einigen wichtigen Punkten auch mal konkret werden. Allein was fehlte, war eine wirksame Methode. Keine gemeinsame Erfahrung, wie man das jetzt managen sollte. Also zurück zum verbindenden Schweigen.
Aber das Beste kommt ja immer am Schluss! Vielleicht schafft es die Synode im Schlussspurt doch noch, ein paar konkrete Dinge auf das Papier zu bringen. Viele hier in Rom wünschen sich das, nicht nur die Journalisten. Vielleicht auch nicht wieder nur diplomatisch glatt geschliffene Sätze, aus denen jeder und jede rauslesen kann, was er will. Euer Ja sei ein Ja - Euer Nein ein Nein! Dass sollte doch machbar sein. Andere hoffen, dass wenigstens das kleine Senfkorn Hoffnung - Beteiligung von Laien und Frauen - in den folgenden elf Monaten bis zur abschließenden Beratung im nächsten Herbst reiche Frucht trägt. Dass die Kirche bunter und diverser wird. Gut Ding will Weile haben. Gott schuf bekanntlich die Zeit. Von Eile hat er nichts gesagt. Stimmt ja.
Und warum sollte Christoph Schönborn, der große, alt gewordene Kardinal der Weltkirche, der auf dem Podium fließend in vier Sprachen parlierte und nachher mit Journalisten auch noch in seiner deutschen Muttersprache redete, nicht noch eine Synode mit einer noch besseren Methode erleben? Simply the best - und nicht schlechter als der Rest.
Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur