Die Vorgeschichte des Konflikts reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück, als die englische Krone versuchte, die Reformation in Irland einzuführen. Die Grafschaften der früheren Provinz Ulster im Norden Irlands wurden zum englischen Brückenkopf ausgebaut. Katholische Grundbesitzer wurden in den unwirtlichen Westen verdrängt, während sich im Norden anglikanische Engländer und presbyterianische Schotten ansiedelten. Ulster wandelte sich so in eine Region mit vorwiegend protestantischer Bevölkerung. Die Katholiken wurden zu Staatsbürgern zweiter Klasse. Sogenannte Strafgesetze raubten ihnen zum Beispiel das Wahlrecht.
1921 wurde Irland geteilt. Ulster blieb Teil von Großbritannien; in der Region hatten die Protestanten Privilegien, die sie in einer katholisch geprägten Republik Irland nicht hätten aufgeben wollen. Die enttäuschten Katholiken Ulsters zogen sich daraufhin aus der Politik zurück - was die gesellschaftliche Begünstigung der Protestanten noch verstärkte.
Benachteiligung bis in die 70er
Erst 1972 verschwand unter britischer Regierungsverantwortung eine Regelung, die Protestanten bevorteilte: dass nämlich nur Haus- und Wohnungseigentümer wählen durften. Die Reform sorgte für große Hoffnungen bei den Katholiken. Doch viele Bürger, insbesondere aus der von sozialem Abstieg bedrohten protestantischen Unterschicht, hatten Angst und waren empört. In der Folge nahmen die Spannungen zwischen fundamentalistischen Protestanten und der gewaltbereiten katholischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA) zu. Bereits 1969 mussten britische Truppen in Nordirland stationiert werden.
In diesem Kontext steht auch das Massaker des "Bloody Sunday": Immer öfter gingen Katholiken auf die Straße, um für ihre Bürgerrechte zu demonstrieren. Einerseits, weil sie noch immer bei der Vergabe von Arbeitsplätzen und Sozialleistungen benachteiligt wurden. Andererseits, weil britische Soldaten immer öfter IRA-Aktivisten verhafteten - auf vagen Verdacht hin und ohne Gerichtsverhandlungen.
Der Blutsonntag
Gegen diese Ungerechtigkeit protestierten an jenem 30. Januar rund 20.000 Menschen. Es kam zu Ausschreitungen, Steine flogen. Entgegen der später vom Militär vorgebrachten Version trugen die Demonstranten weder Waffen noch Sprengstoff - wie auch eine 1998 unter dem britischen Premier Tony Blair angeordnete Untersuchung ergab. Die Soldaten eröffneten das Feuer auf die Unbewaffneten; fünf der Opfer wurden von hinten erschossen. Unter den Verletzten waren keine Armeeangehörigen.
Im Sommer 2010 entschuldigte sich der britische Premierminister David Cameron im Namen der Regierung und des ganzen Landes bei den Hinterbliebenen. Seit der Bluttat gab es immer wieder Auseinandersetzungen. Die katholische Terrororganisation IRA verbuchte nach dem "Bloody Sunday" ihren größten Mitgliederzuwachs.