Brasiliens katholische Bischofskonferenz kritisiert die derzeitigen Anhörungen vor dem Obersten Gericht zu einer geplanten Lockerung der Abtreibungsregeln. Das Verfassungsgericht maße sich Kompetenzen des Kongresses an, monierten die Bischöfe laut örtlichen Medienberichten am Montag. Die Linkspartei PSOL hatte beantragt, Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche generell straffrei zu stellen. Seit Freitag hört das Gericht Gegner und Befürworter einer Lockerung an.
"Diese Anhörungen dienen nur dazu, den Aktivismus dieses Gerichts zu rechtfertigen", wird ein Vertreter der Bischofskonferenz zitiert, der vor Gericht Stellung bezog. Das Verfahren verstoße selbst gegen die Verfassung. Denn in diesem Fall sei der Kongress zuständig. Zudem seien viel mehr Abtreibungsbefürworter als -gegner vorgeladen worden.
"Nicht zweierlei Maß"
Der Bischof der Diözese Rio Grande, Ricardo Hoepers, verwies den Angaben zufolge darauf, dass die Verfassung dem Schutz des Lebens verpflichtet sei, also auch dem eines Embryos. Das Gericht könne beim Lebensschutz nicht zweierlei Maß anlegen.
In Brasilien ist ABtreibung nur bei Gefahr für die Mutter, bei Vergewaltigungen und bei lebensunfähigen Föten erlaubt. 2017 wurden nach offiziellen Zahlen 1.636 legale Abtreibungen registriert. Experten schätzen die Zahl illegaler, also heimlich vorgenommener Abtreibungen aber auf 200.000 bis 500.000 pro Jahr. Oft finden diese unter medizinisch untragbaren Bedingungen statt. Wie viele Frauen dabei sterben, ist unbekannt.
Die PSOL argumentiert, nur durch eine generelle Freigabe bis zur zwölften Woche könne verhindert werden, dass vor allem Frauen aus armen Verhältnissen den Gefahren einer illegalen Abtreibung ausgesetzt werden. Wann das Oberste Gericht ein Urteil fällt, ist unklar. (KNA)