US-Präsident Joe Biden ist 81 Jahre alt. Seit der TV-Debatte mit seinem Herausforderer Donald Trump wird in vielen Kreisen spekuliert, ob er in diesem hohen Alter noch in der Lage ist, eine Wahl zu gewinnen, geschweige denn noch weitere vier Jahre den vielleicht anstrengendsten und verantwortungsvollsten Job der Welt zu meistern.
Schaut man auf die Geburtsjahrgänge seiner Amtskollegen, ist Joe Biden aber bei weitem nicht der älteste. Paul Biya (91), der Präsident Kameruns, ist 1933 geboren, zehn Jahre vor Biden, und damit der älteste amtierende Staatschef der Welt.
Es folgen auf den Plätzen zwei und drei Palästinenserpräsident Abbas und der saudische König mit jeweils 88 Jahren. Direkt darauf folgt dann aber schon der Staatschef des Vatikans, Papst Franziskus mit aktuell 87 Jahren, geboren am 17. Dezember 1936. Eine ehrenvolle Erwähnung sollten hier auch sein Vorgänger, Papst emeritus Benedikt XVI. und Queen Elizabeth II. finden, die beide im Jahr 2022 im biblischen Alter von 95 (Benedikt) bzw. 96 (Elizabeth) verstarben.
Menschen bleiben länger fit
Mit dem medizinischen Fortschritt und einem bewussteren Umgang mit unserer Gesundheit werden die Menschen nicht nur älter, sondern bleiben in vielen Fällen auch länger geistig und körperlich leistungsfähig. Das bestätigt die Altersforscherin Prof. Heike Bischoff-Ferrari von der Uni Zürich. "Unsere Lebenserwartung nimmt zu und viele Menschen können länger gesund und aktiv sein. Anhand von populationsbasierten Studien aus der Schweiz und Deutschland fühlen sich Menschen im Alter von 70 bis 80 Jahren heute rund zehn Jahre jünger." Es sei aber keineswegs so, dass es früher nie Amts- und Entscheidungsträger im hohen Alter gegeben habe, so die Wissenschaftlerin gegenüber DOMRADIO.DE. "Pharao Ramses II wurde 93 Jahre alt und regierte 66 Jahre."
Sollte es eine Altersgrenze für US-Präsidenten geben? Während sich die USA erst jetzt diese Frage stellen, hat sich die katholische Kirche diesem Problem bereits in den 1960er Jahren gewidmet. Bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil übte ein Bischof sein Amt bis zum Tode aus. 1966 wurde diese Regel von Papst Paul VI. aufgehoben, der vier Jahre später noch einmal nachlegte und mit dem Motu proprio "Ingravescentem aetatem" (Mit der wachsenden Last des Alters) am 21. November 1970 auch das Alter der Papstwähler begrenzte. Ein Kardinal durfte von nun an nur noch bis zu seinem 80. Geburtstag an einem Konklave teilnehmen. Im Vatikan sorgte das für ordentlich Unmut. Der ehemalige Kurienpräfekt Kardinal Alfredo Ottaviani warf dem Papst die "Missachtung einer vielhundertjährigen Tradition" vor.
Nicht jede Altersgrenze wird eingehalten
Auch wenn die Altersgrenze der Kardinäle strikt eingehalten wird, gibt es für den bischöflichen Ruhestand von 75 Jahren durchaus Ausnahmen. Im Kirchenrecht ist nämlich nur vorgesehen, dass der Bischof dem Papst zum 75. Geburtstag seinen Rücktritt anbieten muss. Ob der Papst diesen annimmt, liegt völlig in seinem Ermessen. Prominentestes Beispiel im deutschsprachigen Raum ist der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, der bereits 2020 die Altersgrenze erreichte.
Sein Rücktrittsgesuch liegt vier Jahre später allerdings immer noch in der Schublade des Papstes. Vatikanische Kreise sprechen davon, dass der Wiener Erzbischof schon mehrere Male bei Franziskus angeklopft habe, dieser ihn aber bis auf weiteres im Amt behält, obwohl er stramm auf die 80 zugeht. In einem halben Jahr (22. Januar 2025) feiert Christoph Schönborn runden Geburtstag. Sollte es bis dahin keine Entscheidung aus Rom geben, hat Wien einen Kardinal als Erzbischof, der die Altersgrenze zur Papstwahl bereits überschritten hat.
Sind Altersgrenzen sinnvoll oder nicht?
Sollte die Kirche die Altersgrenzen, die im vergangenen Jahrhundert eingeführt wurden, vielleicht doch wieder abschaffen? Argumentieren kann man das, da eben Menschen wie Schönborn heute länger fit sind als ihre Vorgänger, sagt die Altersforscherin Bischoff-Ferrari. "Unabhängig von der Aufgabe ist eine moderne, älter werdende Gesellschaft interessiert, sehr gute Entscheidungsträger nicht wegen einer Altersdefinition auszugrenzen. Gleichzeitig können wir nicht ignorieren, dass unsere Gesundheit und zentrale Funktionen, die unsere Fitness bestimmen, mit dem Alter abnehmen.“
Ein Freibrief bis ins hohe Alter sei also auch keine Lösung. Die Forscherin plädiert dafür, das biologische Alter und die geistigen Fähigkeiten unabhängig voneinander zu betrachten: "Ein Weg könnte sein, Funktionen wie Gedächtnis und physische Belastbarkeit, bei Entscheidungsträgern regelmäßig zu überprüfen."
Das Alter der Amtsträger komplett zu ignorieren, ist also der falsche Weg. Allerdings gibt es auch heute immer noch in der Kirche ein Amt, das im Idealfall bis zum Tod ausgeübt wird: Das Papstamt. Die Altersgrenzen für Bischöfe und Kardinäle sind für den Pontifex nicht gültig. Obwohl Papst Franziskus schon oft angedeutet hat, dass er bei schwindender Kraft bereit wäre, sein Amt niederzulegen, hält er nicht viel von einer Altersgrenze für Päpste, wie er bereits 2015 (mit 78 Jahren) in einem Interview sagte: "Zu sagen: Der ist jetzt achtzig - das schafft ein Gefühl vom Ende des Pontifikats, das nicht gut tun würde.“
Im gleichen Interview deutete er allerdings an, dass er nicht davon ausgehe, ein besonders langes Pontifikat auszuüben: "Ich weiß nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass der Herr mich für eine kurze Sache eingesetzt hat". Von vier oder fünf Jahren sprach Franziskus im Jahr 2015. Dass er sein Amt nun seit über einer Dekade ausübt und im Dezember seinen 88. Geburtstag als Papst begeht, hätte er vermutlich zu dem Zeitpunkt nicht erwartet.