Journalist analysiert TV-Duell zwischen Biden und Trump

"Es hat die Demokraten verunsichert"

Wer wird neuer US-Präsident? Die Kandidaten Joe Biden und Donald Trump haben mit dem ersten TV-Duell die heiße Wahlkampfphase eingeläutet. Der Journalist und USA-Experte Klaus Prömpers ordnet die Debatte ein. Gab es einen Gewinner?

US-Präsident Joe Biden (r) und der ehemalige US-Präsident Donald Trump nehmen an einer von CNN veranstalteten Präsidentschaftsdebatte teil / © Gerald Herbert (dpa)
US-Präsident Joe Biden (r) und der ehemalige US-Präsident Donald Trump nehmen an einer von CNN veranstalteten Präsidentschaftsdebatte teil / © Gerald Herbert ( dpa )

DOMRADIO.DE: Gab es bei den alten Herren irgendwelche Aussetzer? Zumindest Joe Biden kommt bei vielen Beobachtern diesbezüglich nicht gut weg.

Klaus Prömpers (privat)
Klaus Prömpers / ( privat )

Klaus Prömpers (Journalist und USA-Experte): Er hatte vor allem zu Beginn große Schwierigkeiten. Während des ganzen Verlaufs der anderthalb Stunden hatte er ebenfalls Schwierigkeiten, Sätze zu Ende zu bringen und bei seinen Antworten auf die Fragen der zwei Interviewer präzise zu bleiben.

Das war alles sehr restriktiv. Zwei Minuten Antwort, eine Minute Gegenrede. Wenn einer redete, wurde des anderen Mikrofon abgeschaltet, damit nicht das passierte, was vor vier und vor acht Jahren passiert war, als Donald Trump dem anderen immer ins Wort fiel. 

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump nimmt an einer Präsidentschaftsdebatte mit US-Präsident Biden / © Gerald Herbert/AP (KNA)
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump nimmt an einer Präsidentschaftsdebatte mit US-Präsident Biden / © Gerald Herbert/AP ( KNA )

Trump blieb im Grunde bei seinem Wahlkampf, das heißt Angriff ist die beste Verteidigung. Er hat so gut wie nie auf die Fragen direkt geantwortet, sondern immer wieder seine Wahlkampfschlager von den Millionen Migranten, der schlechten Wirtschaft und dem schlechtesten Präsidenten aller Zeiten wiederholt. Der ist aus seiner Sicht Joe Biden.

DOMRADIO.DE: Das Thema, das die Republikaner und Trump ganz vorne auf die Agenda setzen, ist Migration und das Versagen der Biden-Regierung aus ihrer Sicht. Biden hatte kürzlich die Asylregeln per Dekret verschärft. Das war unter Demokraten nicht unumstritten. Wie lief dieser Schlagabtausch?

Klaus Prömpers

"Trump wiederholte die Vorwürfe aus seinen Wahlkampfreden."

Prömpers: Trump wiederholte die Vorwürfe aus seinen Wahlkampfreden, dass die Einwanderer aus Gefängnissen, aus Irrenanstalten und als Terroristen kommen. Sie treiben die Kriminalität hoch. Nichts davon ist beweisbar. Das hielt ihm Biden auch vor. 

Der versuchte, auf seine Handlungen zu verweisen und darauf, dass er gerade die Einreisebestimmungen auch für Asylbewerber verschärft hat. Er sagte auch, dass die Migranten andererseits als Arbeitskräfte durchaus zum guten Stand der US-Wirtschaft beitragen.

Klaus Prömpers

"Es kam nicht rüber, was demokratische Spitzenplaner im Grunde gehofft haben mögen."

DOMRADIO.DE: Für Joe Biden dagegen liegt ein Schwerpunkt beim Streitthema Abtreibung. Bei den Zwischenwahlen vor zwei Jahren hat das Thema die Republikaner Stimmen gekostet. Daher setzen die Demokraten das wieder vorne auf die Agenda. Gab es bei dem Thema etwas Neues?

Oberstes US-Gericht öffnet Weg für Abtreibungsverbote

Das oberste Gericht der USA ermöglichte den Bundesstaaten mit einem Urteil von Juni 2022 ein Verbot von Abtreibungen. Die Richter in Washington hoben das Grundsatzurteil "Roe vs. Wade" auf, das im Jahr 1973 Abtreibungen zur Privatsache erklärte. Bisher hatte das Gericht demnach Abbrüche bis zur 24. Schwangerschaftswoche für rechtmäßig erklärt.

Abtreibungsrecht USA - Oberster Gerichtshof / © Mariam Zuhaib/AP (dpa)
Abtreibungsrecht USA - Oberster Gerichtshof / © Mariam Zuhaib/AP ( dpa )

Prömpers: Es hat gerade ein Urteil des Obersten Gerichtshofes in Idaho gegeben. Das ist sozusagen das Verfassungsgericht der USA. Der Gerichtshofs hatte dem Antrag auf Schwangerschaftsabbruch von von einer Frau, die in Nöten gesundheitlicher Art war, stattgegeben.

Dahinter stellte sich bemerkenswerterweise Trump. Der hatte bisher versucht, klaren Antworten dazu auszuweichen. Er sagte außerdem bei Vergewaltigung, bei Inzest und bei dem bedrohten Leben der Frau müsse es Ausnahmen beim Verbot des Schwangerschaftsabbruchs geben. Aber er blieb bei der Linie, dass das möglichst die einzelnen Bundesstaaten nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshof von vor zwei Jahren entscheiden müssen. 

Joe Biden versuchte klar zu machen, wo er den Akzent sieht. Er sagte ganz klar, dass er dafür sei, dass Schwangerschaftsabbrüche in bestimmten und eingeschränkten Fällen genehmigt werden müssen. Aber auch da zeigte sich, dass er sich manchmal im Satz verhedderte. So tat er das am Schluss dieser Passage auch, sodass etwas unklar blieb, was er genau meinte. 

Es kam nicht rüber, was demokratische Spitzenplaner im Grunde gehofft haben mögen. Zum Beispiel, ob er ein Gesetz auf Bundesebene durchsetzen will, damit die zu zwei Dritteln aller Abtreibungen benutzte Pille auch bundesweit freigegeben wird. Das Gesetz ist weiterhin durch Verhandlungen vor dem Obersten Gerichtshof bedroht.

Klaus Prömpers

"Die Ukraine-Hilfe der USA spielte eine große Rolle."

DOMRADIO.DE: Welche Themen spielten ansonsten eine Rolle, außer sich gegenseitig anzugreifen?

Prömpers: Die Ukraine-Hilfe der USA spielte eine große Rolle. Trump vollmundig und lügenhaft wie immer sagte, er würde, wenn er gewählt würde, noch bevor er ins Amt eingeführt würde, diesen Krieg beenden, indem er Selenskyj und Putin an einen Tisch brächte. Wir er das schaffen wird, sagte er natürlich nicht. 

Die Israel- und Palästina-Politik spielte auch eine Rolle, zudem die Drogenproblematik, die in den USA immens ist, weil Hunderttausende amerikanische Staatsbürger wegen Drogenmissbrauch sterben. Nicht nur wegen Drogen wie Kokain, sondern auch wegen Pillen, die es sowohl auf dem Schwarzmarkt als auch als normale Pillen zu kaufen gibt. 

S-Präsident Joe Biden nimmt an einer Präsidentschaftsdebatte mit dem ehemaligen US-Präsidenten Trump teil / ©  Gerald Herbert/AP (dpa)
S-Präsident Joe Biden nimmt an einer Präsidentschaftsdebatte mit dem ehemaligen US-Präsidenten Trump teil / © Gerald Herbert/AP ( dpa )

Es ging um die Zustimmung oder Ablehnung der Militärs und der Polizei zum einen oder anderen Kandidaten. Es ging um die Rolle der sozialen Sicherheit und der Steuererhöhungen. 

Biden versuchte Punkte zu machen, indem er beispielsweise darauf hinwies, dass die Steuererhöhungen, die Trump verlängern will und die er noch in seiner Amtszeit eingeführt hatte, im kommenden Jahr auslaufen. Die nützen vor allem den Reichen und kosten den einzelnen Staatsbürger 2.500 Dollar. 

Klaus Prömpers

"Biden versuchte sachlich zu bleiben, mit schwacher Stimme. Während Trump seine vagen Ideen und Lügen im wahrsten Sinne des Wortes trompetet."

Das ist allerdings etwas übertrieben. Fakten-Checker haben herausgefunden, dass es jeden einzelnen 2.350 Dollar pro Jahr kostet. Aber so ging das immer hin und her. Biden versuchte mit schwacher Stimme sachlich zu bleiben. 

Während Trump seine vagen Ideen und Lügen im wahrsten Sinne des Wortes trompetete. So ging es vor allem auch um den den Sturm des Kapitols am 6. Januar 2021. Das sei alles falsch dargestellt worden und er habe daran überhaupt keinen Anteil.

Klaus Prömpers

"Zumindest hat es die Demokraten verunsichert."

DOMRADIO.DE: Die Präsidentschaftswahlen sind erst in etwas mehr als vier Monaten. Kann diese erste TV-Debatte schon wahlentscheidend gewesen sein? Vor allem, wenn wir sehen, wie sich Joe Biden in der Nacht präsentiert hat?

Prömpers: Zumindest hat es die Demokraten verunsichert. Denn die denken, es sei noch genug Zeit vor beiden Parteitagen, die beide Kandidaten im Juli auf das Schild heben werden.

Bei den Demokraten ist die Debatte aber wieder da. Kann der 81-jährige Biden noch fit für den Job sein? Wenn er aufhört, ist er 86, Trump ist dann allerdings auch 83. So wird erneut debattiert, ob man Biden noch zurückziehen und einen anderen Kandidaten präsentieren kann. Aber ich halte das für schlicht unmöglich. 

US-Präsident Joe Biden (r) und der ehemalige US-Präsident Donald Trump nehmen an einer von CNN veranstalteten Präsidentschaftsdebatte teil / © Gerald Herbert/AP (dpa)
US-Präsident Joe Biden (r) und der ehemalige US-Präsident Donald Trump nehmen an einer von CNN veranstalteten Präsidentschaftsdebatte teil / © Gerald Herbert/AP ( dpa )

Der Zeitpunkt ist verpasst. Das hätte man im Januar oder Februar machen müssen, als die Vorwahlen noch liefen. Die Zweifel bleiben und ich denke, die Zweifel werden auch bei vielen Zuschauern geblieben sein. Denn es haben sicher Millionen Amerikaner zugeschaut, obwohl parallel dazu ein Spitzenfußballspiel für die Amerikaner gelaufen ist. 

Trotzdem werden Millionen zugeschaut haben und sich angesehen haben, wen sie am 5. November wählen werden. Das Pendel ist gestern auf jeden Fall nicht eindeutig zugunsten Bidens ausgeschlagen.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )
Quelle:
DR