Die Europäische Kommission hat von den EU-Mitgliedsstaaten mehr Entschlossenheit bei Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber gefordert. "Es ist nicht akzeptabel, dass diejenigen, die kein Bleiberecht in der EU haben, irregulär oder heimlich in den Mitgliedsländern bleiben", sagte der zuständige EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch). Rückführung und Rückübernahme seien von größter Bedeutung. "Wir müssen mutiger sein und zusammen eine europäisches Rückführungssystem aufbauen", forderte Avramopoulos.
Der EU-Innenkommissar drängte darauf, die Koordination zwischen allen Behörden zu verbessern, die an dem Rückführungsprozess beteiligt sind. "Es darf keinen Raum für einen Missbrauch des Systems geben", sagte er. Wo Asylanträge gestellt würden, um Abschiebungen hinauszuzögern, sollten die EU-Länder beschleunigte Asylverfahren anwenden und Betroffene, wenn nötig, in Abschiebehaft nehmen. Dabei müssten aber Grund- und Menschenrechte beachtet werden.
Herkunftsländer stärken
Die Stabilisierung der Lage in Libyen sei dabei "vorrangiges Ziel", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochsausgabe). Die Lage in den Herkunftsländern müsse verbessert und Lebenschancen geschaffen werden, damit Menschen auch freiwillig wieder zurückkehren. "Und für die wirklich bedrohten Flüchtlinge müssen wir legale Wege schaffen, nach Europa zu kommen", sagte Avramopoulos weiter.
https://twitter.com/ZDFheute/status/902753990341009408
Gegen osteuropäische EU-Mitgliedstaaten, die ihre Beteiligung an einer beschlossenen Umverteilung der Flüchtlinge verweigern, habe Avramopoulos Verfahren eingeleitet. "Sie sind dazu nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich verpflichtet", sagte er. Die EU-Kommission werde alle rechtlichen Instrumente nutzen, damit sie die Beschlüsse einhalten.
Sicherheit gewährleisten
Mit Blick auf den Wunsch Deutschlands, die Grenzkontrollen zu verlängern, unterscheidet der EU-Migrationskommissar zwischen "innereuropäischen Kontrollen, die mit der Flüchtlingskrise von 2015/16 zu tun haben, und solchen, die aus Sicherheitsgründen eingeführt werden". Durch die veränderten Bedingungen entlang der Westbalkanroute könnten seiner Ansicht nach Grenzkontrollen aus anderen Gründen nötig seien - etwa im Kampf gegen den Terrorismus.
"Die Sicherheit der Europäer muss Priorität haben, und wir denken in der Kommission darüber nach, ob die jetzigen Regeln für den Schengen-Raum an die neue Lage angepasst werden müssen."
Aktuelle Zahlen
Nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex wurden allein im vergangenen Jahr mehr als 40 Prozent der insgesamt 305.000 Ausreiseentscheidungen nicht umgesetzt.
In Deutschland ist die Zahl der Abschiebungen im ersten Halbjahr 2017 leicht gesunken. Bis Ende Juni gab es rund 12.500 Abschiebungen, im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es noch mehr als 13.700.