Büttenredner Diakon Pauels verteidigt Karneval trotz Krisen

"Alaaf trotz allem in der Welt"

Krieg, Terrorgefahr, ein kranker Papst. Dennoch feiern die Menschen den Karneval. Ist das angemessen oder sollte der Trubel ausfallen? Diakon und Büttenredner Willibert Pauels ist überzeugt, dass es gerade jetzt wichtig ist zu feiern.

Autor/in:
Johannes Schröer
Karnevalsauftakt in Köln / © Rolf Vennenbernd (dpa)

DOMRADIO.DE: Die Welt in der Krise. Krieg in der Ukraine, Krieg im Nahen Osten. Der amerikanische Präsident scheint unberechenbare Vorschläge zu machen. Der Papst liegt schwerkrank im Krankenhaus und der IS droht mit Terroranschlägen. Kann oder darf man so überhaupt Karneval feiern?

Diakon Willibert Pauels / © Nicolas Ottersbach (DR)
Diakon Willibert Pauels / © Nicolas Ottersbach ( DR )

Willibert Pauels (Diakon und Büttenclown): Ja, natürlich darf man das. Ich hätte beinahe gesagt, gerade in schwierigen Zeiten ist Feiern besonders wichtig. Feiern, Humor und gesunde Religiosität haben eins gemeinsam: sie trösten und sie erheben uns nach oben. Sie helfen uns, über den Dingen zu stehen und eine optimistische Perspektive einzunehmen.

Im Christentum nennt man das die österliche Perspektive. In der Welt heißt es die Kraft des Lachens, des Humors und des Feierns. Natürlich kann jemand, der persönlich betroffen ist, etwa durch eine schwere Krankheit in der Familie, nicht feiern. Aber trotz aller Krisen in der Welt heißt es: Alaaf! 

Beim Irakkrieg wurde der Karnevalszug damals abgesagt. Damals entstand spontan ein alternativer Zug mit dem Schild "Trotzdem Alaaf!", angeführt von Jürgen Becker auf einem Traktor. Das kam sehr gut an und entsprach der Sehnsucht der Menschen.

DOMRADIO.DE: Der Papst liegt schwerkrank im Krankenhaus. Wie ist das für uns Katholiken? 

Pauels: Der Papst ist nicht mein Kind und gehört nicht direkt zur Familie, sondern zur katholischen Gemeinschaft. Deshalb sind wir nicht unmittelbar betroffen. Natürlich dürfen wir also feiern.

Karnevalisten / © Fabian Strauch (dpa)

DOMRADIO.DE: Man könnte denken, dass in den Karnevalshochburgen niemand Lust zum Feiern hat. Doch ein Blick aus dem Fenster in Köln zeigt das Gegenteil. Wie schaffen das die Rheinländer? 

Pauels: Nenn mir eine Zeit, in der die Welt völlig in Harmonie und ohne Krieg war. Die gibt es nicht. Wenn wir nur feiern dürften, wenn alles in Ordnung ist, wäre das das Ende jeder Feier. Das wissen und spüren die Menschen. Natürlich würde sich die Lage ändern, wenn Deutschland selbst von Bomben bedroht wäre.

Willibert Pauels

"Deshalb gehört das, so paradox das klingt, immer zusammen. Das Leiden, die Sehnsucht und die Hoffnung, dass das Leiden niemals das letzte Wort hat."

Ein Blick in die Archive zeigt, dass schon 1947 oder 1948 in den Trümmern Kölns wieder Karneval gefeiert wurde. Ein Bild werde ich nie vergessen: Eine ehemalige Gaststätte hatte nur noch eine Außenwand. Fenster und Türen waren herausgesprengt worden. Doch der Wirt hatte ein Schild aufgehängt: "Durchgehend geöffnet." Das ist die anarchische, österliche Wirkung des Humors. Er befreit gerade im Leiden. Ostern ohne Karfreitag macht keinen Sinn, denn wovon sollte Ostern befreien? Und Karfreitag ohne Ostern wäre zynisch, grausam, schrecklich. Deshalb gehört das - so paradox das klingt - immer zusammen. Das Leiden, die Sehnsucht und die Hoffnung. Es geht darum, dass das Leiden niemals das letzte Wort hat. Das drückt sich aus in befreitem Feiern, Lachen, Tanzen, Singen, Trinken und Schunkeln aus.

 DOMRADIO.DE: Man sollte sich nicht von IS-Anschlag-Drohungen einschüchtern lassen, denn das würde den Tätern nur recht geben?

Pauels: Genau, das wollen sie doch. Nix da. Trotzdem Alaaf! Auch der IS kann meine österliche Hoffnung nicht wegbomben. Geht nicht.

Karnevalisten am Zug vor dem Kölner Dom an Rosenmontag, den 20. Februar 2023, beim 200. Jahrestag des Rosenmontagsumzugs in Köln. / © Theo Barth (KNA)
Karnevalisten am Zug vor dem Kölner Dom an Rosenmontag, den 20. Februar 2023, beim 200. Jahrestag des Rosenmontagsumzugs in Köln. / © Theo Barth ( (Link ist extern)KNA )

DOMRADIO.DE: Du wirst auch Karneval feiern?

Pauels: Ja, klar. Am Rosenmontag bin ich sogar im DOMRADIO.DE und werde mit den Hörern dort richtig schön feiern.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Karneval

Die "närrischen Tage" vor der am Aschermittwoch beginnenden Fastenzeit haben verschiedene Namen: Das meist in ursprünglich katholischen Gebieten veranstaltete Brauchtum heißt im Rheinland Karneval, in Mainz und Umgebung Fastnacht, im schwäbisch-alemannischen Gebiet Fasnet. Fosnat nennen es die Franken, im bayrisch-österreichischen Raum wird Fasching gefeiert. Seit dem zwölften Jahrhundert ist das Wort "Fastnacht" im Mittelhochdeutschen bekannt. Das Wort Karneval stammt wahrscheinlich vom Italienischen "carne vale", was "Fleisch, lebe wohl" bedeutet.

So farbenfroh sind die Düsseldorfer Jecken  / © Federico Gambarini (dpa)
Quelle:
DR

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