Bundesrat billigt Gesetze zu Asyl, Abschiebung und Einwanderung

Wie viel "Herz und Härte" steckt im Migrationspaket?

Über die Neuordnung von Asyl- und Aufenthaltsrecht haben Union und SPD lange gerungen - auch gegen viele Widerstände. Nun hat der Bundesrat zahlreiche Vorhaben passieren lassen.

Autor/in:
Alexander Riedel
Bundesrat / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Bundesrat / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Vieles bleibt umstritten: Auch nach der Verabschiedung des Migrationspakets der großen Koalition durch den Bundesrat werden dessen Auswirkungen von Kritikern genau beobachtet werden. So viel steht fest. Wochenlang hatten Gegner insbesondere der verschärften Abschieberegeln zuletzt darauf gedrungen, dass die Bundesländer zumindest den Vermittlungsausschuss anrufen, damit noch einmal nachverhandelt werden kann - vergeblich.

Am Freitag winkte die Länderkammer das Paket von Union und SPD zu den Themen Asyl, Abschiebung und Einwanderung durch. Dabei gab es auch in den Reihen des Bundesrats viele kritische Stimmen. Die Justizminister, aber auch die für Soziales und Integration forderten mehrheitlich den Vermittlungsausschuss. Auch Flüchtlingsorganisationen und Linke wendeten sich beharrlich gegen das Gesetzespaket.

Streit um Abschiebegesetz

Bei der Fülle der enthaltenen Punkte - von mehr erwünschter Einwanderung von Fachkräften über Asylbewerberleistungen bis hin zu verschärften Regeln für mehr Abschiebungen - gerieten einzelne Details in der öffentlichen Debatte etwas unter die Räder. Auf den letzten Drücker kam zudem noch die - ebenfalls umstrittene und zunächst ausgekoppelte - Verschärfung des Staatsangehörigkeitsrechts für Terrorkämpfer, mehrfach Verheiratete und Identitätstäuscher wieder hinzu.

Doch vor allem am Abschiebegesetz entzündete sich massiver Streit: Für das Innenministerium ist es ein "Geordnete-Rückkehr-Gesetz", für Gegner ein inhumanes «Hau-Ab-Gesetz». Es sieht unter anderem vor, dass Ausreisepflichtige leichter in Gewahrsam oder Haft genommen werden können. Dafür sollen - unter räumlicher Trennung von den übrigen Insassen - auch Strafgefängnisse genutzt werden. Nicht wenige halten dies für rechtswidrig, was nun Gerichte klären müssten.

Möglicherweise Korrekturen nötig

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) verteidigte im Bundesrat dagegen die Neuregelungen. "Das vorliegende Migrationspaket bringt uns in der Gesamtschau weiter auf unserem Weg für Humanität und Ordnung in der Migrationspolitik", sagte er. Damit würden "Herz und Härte" Gesetz. Worauf etwa Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) entgegnete, das Paket sei kein sinnvoller Ausgleich von Herz und Härte.

Der Bundesrat äußerte in einer Entschließung zur Duldung von Flüchtlingen in Ausbildung und Beschäftigung immerhin noch in einem Punkt seine Skepsis. Es sei zu befürchten, dass wegen der hohen Hürden vielen Menschen der Zugang verwehrt bleiben werde. Sollte sich dies bewahrheiten, müsse die Bundesregierung korrigierend eingreifen. Auch die neuen Beschränkungen bei der Erwerbstätigkeit für Geduldete mit ungeklärter Identität müssten auf ihre Auswirkungen hin überprüft werden, forderten die Länder.

Mehr Licht oder mehr Schatten?

Um das Migrationspaket hatten Union und SPD monatelang gerungen. Am Ende stand ein Kompromiss, über den Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) jetzt sagte, er könne damit leben, auch wenn er nicht hundertprozentig einverstanden sei. Vertreter beider Seiten meinten indes, dass nur über konsequente Abschiebungen die Akzeptanz für eine humanitäre Flüchtlingspolitik erhalten bleiben werde.

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) bilanzierte hingegen, dass im Paket der Schatten leider überwiege. Die Liberalen hatten sich stets für ein umfassendes neues Einwanderungsgesetzbuch stark gemacht, das bestehende Regelungen modernisieren soll.

Stamp warnte vor Problemen bei der Umsetzung der Änderungen: Zum Beispiel werde die erleichterte Abschiebung von Straftätern ins Leere laufen, solange es keine Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsstaaten gebe. In dieser Hinsicht sei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) viele Versprechen schuldig geblieben.

Linke: "Katalog der Grausamkeiten"

Dieser hatte bei der Verabschiedung des Migrationspakets Anfang Juni im Bundestag von einer Zäsur gesprochen, und von einer modernen Migrationspolitik, wie es sie in keinem anderen Land Europas gebe. In der Opposition war damals dagegen von einem "Katalog der Grausamkeiten" (Linke), einem "schwarzen Tag für die Demokratie"

(Grüne) oder "hohlen Ankündigungen" (AfD) die Rede gewesen. Wer Recht behält, wird sich in den kommenden Monaten erweisen, wenn das Paket nach und nach in Kraft tritt.


Quelle:
KNA