Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) sprach von einem "guten Tag für Familien und einem wichtigen Schritt nach vorn".
Er meinte damit das am Donnerstag im Bundestag verabschiedete sogenannte "Starke-Familien-Gesetz", das seine Ministerkollegin Franziska Giffey (SPD) so bezeichnete, damit gleich erkennbar sei, was es bezwecken will: Mehr Unterstützung für Familien mit kleinem Einkommen. Zugleich sollen Kinder aus diesen Familien bessere Startchancen erhalten. Offiziell umfasst der Gesetzestitel mehr als 20 Wörter.
Alleinerziehende sollen profitieren
Bei seiner Rede im Bundestag wurde Heil auch persönlich: Als Sohn einer berufstätigen, alleinerziehenden Mutter wisse er, wie schwer es diese Gruppe habe. Deswegen solle vor allem diese Gruppe von dem Gesetz profitieren, das sein Haus sowie das von Familienministerin Giffey gemeinsam erarbeiteten.
Geplant sind Reformen des Kinderzuschlags, durch die der Empfängerkreis deutlich ausgeweitet werden soll. Konkret soll der Kinderzuschlag von 170 auf 185 Euro pro Monat erhöht werden. Einkommen wie Unterhaltsvorschussleistungen oder Kindesunterhalt sollen künftig nicht mehr zu 100 Prozent auf den Kinderzuschlag angerechnet werden. Zum 1. Januar 2020 wird zudem die obere Einkommensgrenze abgeschafft. Wenn Eltern etwas mehr verdienen, werde sich künftig der Kinderzuschlag nach und nach verringern nicht mehr abrupt wegfallen, wie es bislang der Fall ist.
Mehr anspruchsberechtigte Kinder
Auch soll die Antragstellung vereinfacht werden. Familien- und Sozialministerium gehen davon aus, dass dann 1,2 Millionen Kinder mehr anspruchsberechtigt sind. Derzeit seien es rund 800.000 Mädchen und Jungen. Beantragt ist es nach Angaben der Ministerien derzeit für 250.000 Kinder. Weiter sieht das Gesetz Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket vor. So sollen Kinder aus einkommensschwache Familien ein kostenloses Mittagessen in Kitas und Schulen erhalten. Zudem solle es Möglichkeiten für eine kostenlose Schülerbeförderung geben.
Für die SPD sind die Reformen auch ein Schritt zur Kindergrundsicherung, den die die Partei in ihrem neuen Sozialkonzept vorstellt. Um diese Grundsicherung durchzusetzen, brauche es einen langen Atem, mahnte Giffey. Sie wolle aber nicht warten, sondern zügig Verbesserungen für Geringverdiener erreichen, so die Politikerin, die vorher Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln war.
Opposition: Gesetz greift zu kurz
Der Opposition gehen die Reformen erwartungsgemäß nicht weit genug. Die Grünen-Parteivorsitzende Annalena Baerbock erklärte, allen Kindern müssten Lebenschancen eröffnet werden anstatt nur das Existenzminimum zu sichern. Dieses Ziel könne das Gesetz nicht erreichen.
Der familienpolitische Sprecher der Linken, Norbert Müller, meinte, ihn ärgerten vor allem die Änderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket. Die Erhöhungen erreichten bei weitem nicht aus.
Caritas: Erste wichtige Schritte
Bei Verbänden gab es Lob und Kritik. Der Sozialverband VdK Deutschland sprach von einem ersten Schritt, dem jedoch weiter folgen müssten. Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte eine «Gesamtstrategie» zur Bekämpfung von Kinderarmut. Auch das Zukunftsforum Familie plädierte für "mehr Mut für grundsätzlichere Reformen". Langfristig sei es notwendig, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter begrüßte, dass erstmals auch Alleinerziehende den Kinderzuschlag erhielten, die Unterhalt für ihre Kinder bekämen oder Unterhaltsvorschuss bezögen. Von der Verbesserung könnten nun auch Alleinerziehende mit älteren Kindern profitieren.
Der Caritasverband sprach von "ersten wichtigen Schritten" zur Bekämpfung von Kinderarmut. Der Entwurf greife aber zu kurz. Ähnlich äußerte sich auch der Familienbund der Katholiken. Eine große Reform sei es nicht geworden. Das Gesetz führe aber zu einer spürbaren Verbesserung für viele einkommensschwache Familien.
Die Kosten für den Gesetzentwurf schlagen trotzdem zu Buche. Für die Reform des Kinderzuschlags stehen eine Milliarde Euro bis Ende 2021 zur Verfügung, für Änderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket rund 220 Millionen Euro pro Jahr.