Die Vorlagen stammten von Abgeordnetengruppen aus verschiedenen Parteien, da bei dem ethisch brisanten Thema der Fraktionszwang aufgehoben wurde.
In der nachdenklichen, bisweilen aber auch leidenschaftlichen zweistündigen Debatte ging es vor allem um eine Entscheidung zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und dem Schutz des Lebens. Einig waren sich alle Redner, dass vor allem die Hospiz- und Palliativmedizin gestärkt werden müsse. Die Gesetzentwürfe wurden an die Ausschüsse überwiesen.
Die meisten Unterstützer fand bislang der Entwurf, der die organisierte Suizidbeihilfe verbieten will. Hinter dem Antrag stehen mehr als 170 Unterstützer. Nach den Worten von Michael Brand (CDU) darf sie nicht zu einem regulären Angebot werden, so Brand. Sterbende sollten an der Hand und nicht durch die Hand helfender Menschen sterben. Der Antrag suche einen "Weg der Mitte". Das Straffrecht könne nicht jeden Einzelfall lösen.
Kerstin Griese (SPD) betonte, dass mit der Vorlage ärztliche Freiräume erhalten blieben. Sie schaffe aber kein Sonderrecht. Scharfe Kritik übte sie am "Sterbehilfeverein Deutschland", der einen entscheidenden Anlass für die parlamentarischen Initiativen gegeben hatte. Das Geschäft mit dem Tod sei ethisch nicht tragbar, so Griese.
Kritik an Kirchen
Der Vorsitzende des Vereins "Sterbehilfe Deutschland", Roger Kusch, warf indessen den Kirchen vor, die Gesetzgebung zu beeinflussen und kündigte erneut Verfassungsbeschwerde für den Fall eines Verbots an. Die beiden großen Kirchen hatten zuvor an die Abgeordneten appelliert, organisierte Hilfe beim Suizid zu verbieten. Der ehemalige Hamburger Justizsenator, dessen Aktivitäten die Debatte maßgeblich angestoßen hatten, kündigte an, im Falle eines Verbots keine Hilfe zum Suizid mehr anzubieten. Er werde sich strikt an die Rechtsordnung halten, sagte er. Der Gesetzentwurf, der die Tätigkeit seines Vereins unter Strafe stellen würde, sei aus seiner Sicht aber eindeutig verfassungswidrig.
Selbstbestimmung steht an erster Stelle
Peter Hintze (CDU) forderte im Sinne des von ihm getragenen Gesetzentwurfs eine ausdrückliche Erlaubnis des assistierten Suizids für Ärzte bei Patienten mit einer zum Tode führenden Krankheit. Die Selbstbestimmung sei der Kern der Menschenwürde und gelte auch am Ende des Lebens. "Leiden ist immer sinnlos, Leiden müssen wir abwenden", so Hintze. Sein Gesetzentwurf wolle Ärzten Rechtssicherheit geben. Karl Lauterbach (SPD) betonte, dass es bei der Regelung um die Menschen gehe, die "Angst vor dem Sterben haben" oder ihren Tod "nicht als würdevoll empfinden". Die Frage sei, was man diesen Menschen anbiete.
Ulla Schmidt (SPD) mahnte zu einem sensiblen Umgang mit dem Thema auch vor dem Hintergrund der Euthanasieprogramme in der NS-Zeit. Katrin Göring-Eckhardt (Grüne) äußerte die Sorge vor einer Gesellschaft, die erwarte, "dass alte Kranke und Hilfsbedürftige ihrem Leben ein Ende setzten".
Forderung nach Straffreiheit
Renate Künast (Grüne) trat mit einer weiteren Vorlage dafür ein, dass die Beihilfe zum Suizid bei Volljährigkeit und freier Willensäußerung straffrei bleiben solle. Finanzielle Interessen müssten aber ausgeschlossen werden, weil das Eigeninteresse die Beratung beeinflusse.
Patrick Sensburg (CDU) forderte hingegen mit dem von ihm getragenen Gesetzentwurf ein generelles Verbot. Der richtige Ansatz sei die Stärkung der Palliativmedizin. Jede Ausnahmeregelung drohe den Lebensschutz aufzuweichen. Hubert Hüppe (CDU) warnte vor einem veränderten Selbstverständnis des Arztes als Suizidhelfer. "Der Arzt stand bisher für die Solidarität der Gesellschaft".
Der Bundestag will im November endgültig über eine gesetzliche Regelung zur künftigen Sterbehilfe entscheiden.