Nach dem jüngsten Ausbruch der Gewalt im Südsudan äußert sich die Hilfsorganisation Care besorgt über die Sicherheit von vertriebenen Frauen und Mädchen. "In den vergangenen Wochen erreichten uns zunehmend Berichte von Frauen, die nahe der UN-Schutzzonen von Soldaten vergewaltigt, geschlagen oder ausgeraubt wurden", berichtete Fred McCray, Care-Länderdirektor im Südsudan, am Mittwoch. Die Frauen hätten die Schutzzonen verlassen, um für ihre Familien Nahrung zu suchen. "Vor diese Wahl zwischen körperlicher Unversehrtheit und dem Überleben gestellt zu werden, ist untragbar."
217 Fälle von sexualisierter Gewalt - Dunkelziffer weitaus höher
Seit dem Ausbruch des Konfliktes im Südsudan Ende 2013 setzen alle Kriegsparteien kontinuierlich sexualisierte Gewalt als Waffe ein, erklärte das Hilfswerk. Ein Bericht der Vereinten Nationen liste auf, dass eine von fünf vertriebenen Frauen im Südsudan vergewaltigt wurde. Allein in der Hauptstadt Juba hätten die UN seit Anfang Juli mindestens 217 Fälle von sexualisierter Gewalt und Vergewaltigung gezählt. Es sei allerdings zu befürchten, dass die Dunkelziffer weit höher ist.
Angst vor Stigma zwingt Opfer zum Schweigen
Frauen hätten große Angst vor Vergeltungsschlägen und Stigmata, die ihnen nach einer Vergewaltigung anhafteten. "Oft erhalten Betroffene weder medizinischen noch rechtlichen Beistand", erklärte der Länderkoordinator McCray. Eine Care-Studie aus dem Jahr 2014 belege, dass nur sieben Prozent der befragten und von sexualisierter Gewalt betroffenen Frauen die Übergriffe der Polizei meldeten. "Die medizinische und rechtliche Versorgung von betroffenen Frauen muss dringend ausgeweitet werden. Täter und ihre Vorgesetzten müssen zur Rechenschaft gezogen werden."
Care forderte eine Ausweitung der medizinischen und rechtlichen Versorgung der betroffenen Frauen. "Täter und ihre Vorgesetzten müssen zur Rechenschaft gezogen werden", mahnte McCray. Die Organisation kündigte zudem an, die eigene Nothilfe weiter auszuweiten.
Mehr als 60.000 Flüchtlinge
Laut neuesten Zahlen der Vereinten Nationen sind mehr als 60.000 Menschen infolge der neuerlichen Gewalt aus dem Südsudan geflohen. Mehr als 85 Prozent dieser Flüchtlinge sind demnach Frauen und Kinder.
Care arbeitet nach eigenen Angaben mit anderen Organisationen an Möglichkeiten, die Fälle von sexualisierter Gewalt zu dokumentieren und den Betroffenen Hilfe zukommen zu lassen, etwa durch eine Überweisung an Rechtsberater, Ärzte und psychosoziale Helfer. Außerdem müsse das Mandat der UN-Schutzmission im Südsudan (UNMISS) gestärkt werden, fordert die Hilfsorganisation.
Blutige Machtkämpfe
Anfang Juli hatten Gefechte zwischen Regierungstruppen und Rebellen im Südsudan zugenommen, in dem sich seit 2013 Präsident Salva Kiir und sein bisheriger Vize Rieck Machar einen blutigen Machtkampf liefern. Zahlreiche internationale Organisationen zogen daraufhin ihre Mitarbeiter ab. Das afrikanische Land Südsudan hatte am 9. Juli 2011 seine Unabhängigkeit vom Sudan erlangt und gilt damit als jüngster Staat der Erde.