"Als mein Freund erfuhr, dass ich schwanger bin, gab er mir drei Tage, eine neue Wohnung zu suchen", erzählt die 20-jährige Lena aus Österreich. Eigentlich heißt sie anders, aber sie möchte ihren Namen nicht nennen. Die ersten Nächte nach dem Rausschmiss verbrachte sie auf Parkbänken, dann half ihr ein Freund, eine günstige Wohnung zu finden.
"Im Oktober wurde meine Tochter geboren und wir verbrachten einen Winter in der Wohnung, die keine Heizung hatte", sagt Lena. Trotz Kälte war die Miete hoch. Zu hoch für Lena. Sie musste ausziehen. "Ich hatte Angst, dass die Behörden mir mein Kind wegnehmen. Doch ich konnte keine bezahlbare Wohnung finden", sagt sie.
"Alarmierende Ergebnisse"
Immer mehr jungen Menschen in Europa geht es wie Lena. Einer von drei Jugendlichen leidet laut der EU-Statistikbehörde Eurostat unter den Konsequenzen von Armut. Caritas Europa nahm diese Zahl zum Anlass, genauer zu untersuchen, wie die Armut fundamentale soziale Rechte junger Menschen etwa auf Wohnraum, Arbeit und Bildung einschränkt.
Die am Mittwoch veröffentlichen Ergebnisse nennt die Organisation "alarmierend". Der Studie zufolge werden besonders junge Menschen immer öfter durch Armut aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Besonders betroffen sind junge Alleinerziehende, Migranten, Roma und Sinti sowie Jugendliche mit Behinderung. Dazu kommen regionale Unterschiede. Jugendliche in Süd- und Osteuropa seien stärker betroffen.
Obwohl die Wirtschaftskrise langsam abklinge, seien junge Menschen in Südeuropa oft immer noch häufig arbeitslos oder arbeiteten unter schlechten Bedingungen. Wie der 25-jährige Portugiese, der mit der Caritas in Portugal zusammenarbeitet. Nennen wir ihn Pedro. Er arbeite bereits seit zehn Jahren unter prekären Bedingungen, sagt er.
Obwohl er ein abgeschlossenes dreijähriges Studium und einen einjährigen Auslandsaufenthalt absolviert hat, muss er nun an einer Beschäftigungsmaßnahme der Gemeinde teilnehmen. Ihm bleibt keine andere Möglichkeit. Sein Gehalt: 419 Euro. "Für mich ist das, wie arbeitslos zu sein", sagt er. Studienabschlüsse seien in den südeuropäischen Ländern oft nichts wert , heißt es in dem Bericht von Caritas Europa.
Generationenungerechtigkeit
Zudem macht die Organisation auf die Generationenungerechtigkeit aufmerksam. Das Risiko sei groß, dass Jugendliche von heute später schlechter dastünden als ihre Eltern, so der Generalsekretär von Caritas Europa, Jorge Nuno Mayer. Außerdem werde Armut immer noch oft von einer Generation an die nächste weitergegeben.
Eine Mitarbeiterin von Caritas Belgien sagt in dem Bericht, dass Kinder, die in armen Familien aufwüchsen, ihr Leben lang davon geprägt seien. Langfristig habe das negative Auswirkungen auf die Gesellschaft. Immer mehr junge Menschen müssten sich zudem für ihre Ausbildung verschulden, etwa durch Kredite für Studiengebühren, heißt es in dem Bericht. "Die Schuldenlast reduziert die Möglichkeiten junger Menschen ein ganzes Leben lang."
Die Wirtschaftskrise und die Veränderungen im Arbeitsmarkt hätten Jugendliche am härtesten getroffen. Caritas Europa nennt als Beispiele die Jugendarbeitslosigkeit, niedrige Löhne, schlechte Arbeitsbedingungen und fehlenden Zugang zu Sozialschutz.
Junge Migranten betroffen
Besonders betroffen von Armut sind immer mehr junge Migranten so wie die 26-jährige Afghanin Abdulaih. Sie kam nach Italien, um den Beruf der Krankenschwester zu erlernen. "Doch meine Familie konnte mich wegen des Kriegs und der Armut in meinem Heimatland nicht mehr unterstützen", sagt sie. Sie musste sich entscheiden: Zurück ohne Ausbildung oder in der EU bleiben ohne Geld.
In vielen europäischen Ländern litten dem Bericht zufolge besonders die Roma und Sinti unter Armut. "Es ist besonders schwer für sie, qualitativ hochwertige Bildung zu erhalten", heißt ist. Viele junge Roma brächen die Schule ab. Caritas Europa arbeitet daran, die Diskriminierung junger Roma zu bekämpfen und sie sozial besser zu integrieren.
Lena, Pedro und Abdulaih leben in der EU. Seit 2010 versucht die EU gezielt, die Situation von jungen Menschen mit der Jugendstrategie zu verbessern. Caritas Europa kritisiert in dem Bericht, dass es bei dieser Strategie oft zu viel um den Arbeitsmarkt, und zu wenig um den Menschen mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten gehe.