Caritas-Chefin warnt Ampel vor Blockade bei Sozialversicherungen

"Spielball des internen Machtpokers"

Die Bundesregierung streitet auch über die Bemessung von Sozialbeiträgen. Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa spricht von einem Skandal und fordert die Ampel auf, zentrale Berechnungswerte für die Sozialversicherung festzulegen.

Eva Maria Welskop-Deffaa, Caritaspräsidentin / © Philipp von Ditfurth (dpa)
Eva Maria Welskop-Deffaa, Caritaspräsidentin / © Philipp von Ditfurth ( dpa )

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa hat die Bundesregierung dringend aufgefordert, ihre Pflicht zu tun. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen lange blockiert. Durch die Anhebung müssen Gutverdiener mehr zahlen, weil ein größerer Teil ihres Lohns unter die Sozialabgabenpflicht fällt.

Welskop-Deffaa sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag): "Die internen Streitigkeiten der Ampelkoalition sind zu einem unabsehbaren Risiko für unser Sozialversicherungssystem geworden. Es ist ein Skandal, dass die Ampel die Säule des Sozialstaats zum Spielball ihres internen Machtpokers macht."

"Einmaliger Vorgang"

Die Caritas-Präsidentin bezeichnete es als "in der Geschichte einmaligen Vorgang", dass die Regierung die sogenannte Rechengrößen-Verordnung im November noch immer nicht beschlossen habe, obwohl sie bereits Anfang September pünktlich fertig gewesen sei und zum 1. Januar in Kraft treten müsse.

Mit den jährlich neu festgesetzten Rechengrößen werden die Beiträge und Leistungen der Sozialversicherung gesteuert. Die Beitragsbemessungsgrenze ist der Höchstbetrag, bis zu dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen bei der Berechnung des Versicherungsbeitrags berücksichtigt werden. Sie folgt in der Regel den Löhnen nach einer gesetzlichen Formel. In diesem Jahr geht es um Lohnzuwächse von etwa sechs Prozent.

Zusätzliche Belastung unterer Einkommen droht

"Ohne diese Anpassung müssten die Sozialversicherungsbeiträge der unteren und mittleren Einkommen spürbar erhöht werden", so Welskop-Deffaa weiter. "Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung ihre gesetzliche Pflicht zur Anpassung der Rechengrößen vernachlässigt und damit das Vertrauen in die Sozialversicherungen ernsthaft gefährdet", kritisierte die Caritas-Präsidentin. Die Grundsatzfrage zu künftig möglicherweise strukturell höheren Beitragsbemessungsgrenzen stelle sich erst nach der Bundestagswahl. Das Sozialversicherungssystem jetzt mit einer "Verordnungsblockade torpedieren zu wollen, ist hingegen unverantwortliche politische Nötigung", so Welskop-Deffaa.

Nach den bislang geltenden Regeln steigt die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung auf 8.050 Euro pro Monat (2024: 7550 Euro). Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 6.150 Euro pro Monat (5775 Euro). Die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung wird auf 5.512,50 Euro pro Monat festgesetzt (5175 Euro).

Das "Handelsblatt" hatte Mitte Oktober berichtet, dass sich Bundesfinanz- und Bundesarbeitsministerium nun doch geeinigt hätten und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sich gegenüber Lindner durchgesetzt habe. Allerdings hieß es später, dass Lindner Steuerreformen zur Bedingung gemacht habe.

Caritas Deutschland

Der Deutsche Caritasverband (DCV) ist der größte Wohlfahrtsverband Europas. Die Dachorganisation katholischer Sozialeinrichtungen setzt sich für Menschen in Not ein. Mit rund 690.000 hauptamtlichen Mitarbeitern - 80 Prozent sind Frauen - ist die Caritas zudem der größte private Arbeitgeber in Deutschland. Der Begriff "caritas" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Nächstenliebe. Sitz des 1897 gegründeten Verbands ist Freiburg. Wichtige Bedeutung haben die Büros in Berlin und Brüssel.

Hinweisschild der Caritas / © Michael Althaus (KNA)
Hinweisschild der Caritas / © Michael Althaus ( KNA )
Quelle:
KNA