Caritas-Verband fordert Ausschluss von "Ex-post-Triage"

Sonst drohen "fatale Folgen"

Sogenannte Ex-post-Triagen müssen nach Ansicht des Deutschen Caritasverbandes auch in Zeiten einer pandemiebedingt starken Belastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen bleiben. Das forderte die Caritas-Präsidentin mit Nachdruck.

Hand einer Pflegerin liegt auf dem Handrücken eines Patienten auf einer Intensivstation / © Harald Oppitz (KNA)
Hand einer Pflegerin liegt auf dem Handrücken eines Patienten auf einer Intensivstation / © Harald Oppitz ( (Link ist extern)KNA )

Eva Maria Welskop-Deffaa äußerte sich am Montag in Berlin sehr besorgt über entsprechende Diskussionen bei der rechtlichen Regelung der sogenannten Triage unter Pandemie-Bedingungen.

Eva Maria Welskop-Deffaa, Caritaspräsidentin / © Philipp von Ditfurth (dpa)

"Schleichend verändert sich unter dieser Überschrift die Diskussion um die Triage - von einem Instrument der medizinischen Abwägung in akuten Notfallsituationen zu einer Legitimation von Rationierung medizinischer Leistungen nach Nützlichkeit und Lebenswert", erklärte Welskop-Deffaa.

Laufende Behandlung abbrechen

Bei der Triage müssen Ärzte entscheiden, welchen Patienten überlebensnotwendige Leistungen vorenthalten werden, wenn sie nicht für alle reichen. Besonders umstritten ist dabei die sogenannte "Ex-Post Triage" bei der die bereits laufende Behandlungen eines Patienten abgebrochen wird, um etwa ein Beatmungsgerät einem neuen Patienten mit höherer Überlebenschance zu geben.

Karl Lauterbach / © Kay Nietfeld (dpa)

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte sich dem Vernehmen nach darauf geeinigt, dass in solchen Fällen drei Ärzte zurate gezogen werden müssen. Die Grünen äußerten demgegenüber grundsätzliche Einwände. "Das hieße, Schwerkranke müssten im Krankenhaus permanent mit der Angst leben, dass die medizinisch notwendigen lebenserhaltenden Maßnahmen zugunsten einer anderen Person beendet werden", warnte die Grünen-Politikerin Corinna Rüffer.

Welskop-Deffaa mahnte ebenfalls: "Die "Ex-ante"- und "Ex-post"-Triage dürften nicht in einem Atemzug genannt werden".

Frage der Ethik

Auch in Zeiten pandemiebedingt struktureller Überlastung des Gesundheitswesens "darf keine laufende intensivmedizinische Behandlung abgebrochen werden, nur weil der behandelte Patient unter Umständen schlechtere oder kürzere Überlebensaussichten hat als ein anderer, der neu aufgenommen werden soll und dessen Behandlung noch nicht begonnen wurde".

Ein am Corona-Virus erkrankter Patient wird auf eine Intensivstation verlegt / © Julian Stratenschulte (dpa)
Ein am Corona-Virus erkrankter Patient wird auf eine Intensivstation verlegt / © Julian Stratenschulte ( (Link ist extern)dpa )

Aus gutem Grund sei ein solcher Behandlungsabbruch "in Medizin und Recht bislang verlässlich als unethisch abgelehnt worden", so die Caritas-Präsidentin. Die praktischen, ethischen und gesellschaftlichen Folgen einer Zulässigkeit von Ex-post-Triage seien fatal.

Es sei kein Zufall, dass die Selbstvertretungen behinderter Menschen die Diskussion zwischen Bundegesundheits- und Bundesjustizministerium mit großer Unruhe beobachteten.

Menschen mit einer Behinderung, deren Behandlung bei einer Corona-Erkrankung unter Umständen mehr Zeit und Ressourcen in Anspruch nehme als die Behandlung eines Menschen ohne Behinderung, könnten lebensbedrohlich betroffen sein, wenn die Ex-post-Triage für zulässig erklärt wird, mahnte Welskop-Deffaa.

Caritas Deutschland

Der Deutsche Caritasverband (DCV) ist der größte Wohlfahrtsverband Europas. Die Dachorganisation katholischer Sozialeinrichtungen setzt sich für Menschen in Not ein. Mit rund 700.000 hauptamtlichen Mitarbeitern - 80 Prozent sind Frauen - ist die Caritas zudem der größte private Arbeitgeber in Deutschland. Der Begriff "caritas" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Nächstenliebe. Der 1897 in Köln gegründete Verband unterhält Geschäftsstellen in Freiburg, Berlin und Brüssel.

Hinweisschild der Caritas / © Michael Althaus (KNA)