Eva Maria Welskop-Deffaa äußerte sich am Montag in Berlin sehr besorgt über entsprechende Diskussionen bei der rechtlichen Regelung der sogenannten Triage unter Pandemie-Bedingungen.
"Schleichend verändert sich unter dieser Überschrift die Diskussion um die Triage - von einem Instrument der medizinischen Abwägung in akuten Notfallsituationen zu einer Legitimation von Rationierung medizinischer Leistungen nach Nützlichkeit und Lebenswert", erklärte Welskop-Deffaa.
Laufende Behandlung abbrechen
Bei der Triage müssen Ärzte entscheiden, welchen Patienten überlebensnotwendige Leistungen vorenthalten werden, wenn sie nicht für alle reichen. Besonders umstritten ist dabei die sogenannte "Ex-Post Triage" bei der die bereits laufende Behandlungen eines Patienten abgebrochen wird, um etwa ein Beatmungsgerät einem neuen Patienten mit höherer Überlebenschance zu geben.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte sich dem Vernehmen nach darauf geeinigt, dass in solchen Fällen drei Ärzte zurate gezogen werden müssen. Die Grünen äußerten demgegenüber grundsätzliche Einwände. "Das hieße, Schwerkranke müssten im Krankenhaus permanent mit der Angst leben, dass die medizinisch notwendigen lebenserhaltenden Maßnahmen zugunsten einer anderen Person beendet werden", warnte die Grünen-Politikerin Corinna Rüffer.
Welskop-Deffaa mahnte ebenfalls: "Die "Ex-ante"- und "Ex-post"-Triage dürften nicht in einem Atemzug genannt werden".
Frage der Ethik
Auch in Zeiten pandemiebedingt struktureller Überlastung des Gesundheitswesens "darf keine laufende intensivmedizinische Behandlung abgebrochen werden, nur weil der behandelte Patient unter Umständen schlechtere oder kürzere Überlebensaussichten hat als ein anderer, der neu aufgenommen werden soll und dessen Behandlung noch nicht begonnen wurde".
Aus gutem Grund sei ein solcher Behandlungsabbruch "in Medizin und Recht bislang verlässlich als unethisch abgelehnt worden", so die Caritas-Präsidentin. Die praktischen, ethischen und gesellschaftlichen Folgen einer Zulässigkeit von Ex-post-Triage seien fatal.
Es sei kein Zufall, dass die Selbstvertretungen behinderter Menschen die Diskussion zwischen Bundegesundheits- und Bundesjustizministerium mit großer Unruhe beobachteten.
Menschen mit einer Behinderung, deren Behandlung bei einer Corona-Erkrankung unter Umständen mehr Zeit und Ressourcen in Anspruch nehme als die Behandlung eines Menschen ohne Behinderung, könnten lebensbedrohlich betroffen sein, wenn die Ex-post-Triage für zulässig erklärt wird, mahnte Welskop-Deffaa.