Bei Triage-Entscheidungen geht es um die Frage, nach welchen Kriterien medizinisches Personal in coronabedingten Knappheitssituationen entscheidet, wie Hilfsmittel und Behandlungen verteilt werden. Der katholische Theologe sagte am Dienstag in einem Online-Gespräch in Frankfurt, Ärzten sei aus ethischer Sicht kein Vorwurf zu machen, "sofern sie bei ihren Triage-Entscheidungen den in Stufen anzuwendenden Kriterien wie Dringlichkeit und Erfolgsaussicht folgen".
Bormann sagte, dass es in den Wohlstandsregionen eine neue Erfahrung sein dürfte, dass Ressourcen nicht ausreichend verfügbar seien, um allen Patienten nötige Behandlungen bieten zu können. Ärzte handelten aber "richtig und moralisch korrekt", wenn sie sich in dieser Notlage darum bemühten, "eine auf begründeten ethischen Kriterien basierende Priorisierung der behandlungsbedürftigen Patienten vorzunehmen".
Denn so setzten sie die vorhandenen Ressourcen möglichst effizient ein und minimierten drohenden Schaden.
Bormann anderer Meinung als der Ethikrat
Die Einschätzung des Deutschen Ethikrates, ein solches Handeln sei objektiv falsch, aber aufgrund der besonderen Umstände entschuldbar, sei "aus ethischer Perspektive nicht überzeugend", sagte Bormann. Hier sei er entschieden anderer Meinung als der Ethikrat, der diese Auffassung im März vertreten habe, und dem Bormann angehört.
Bormann (55) hat den Lehrstuhl für Moraltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen inne. Er ist auch Mitglied der Zentralen Ethikkommission (ZEKO) der Bundesärztekammer und Berater der Deutschen Bischofskonferenz.
Veranstaltet wurde das Gespräch vom "House of Pharma and Healthcare", einer Initiative des Landes Hessen und von Hochschulen - etwa der Goethe-Universität Frankfurt - sowie Unternehmen der Gesundheitswirtschaft.