Mit einem Aufruf zu Einheit und Solidarität haben Kirchenvertreter, Ordensleute und Christen aus dem Heiligen Land das Brotvermehrungsfest im deutschsprachigen Benediktinerkloster Tabgha am See Genezareth gefeiert.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Heiner Wilmer (Hildesheim), nahm zum Abschluss seines Heiliglandbesuchs an der Feier teil.
Familienpicknick auf dem weitläufigen Klostergelände
Seit 2002 zieht das Fest üblicherweise tausende Christen aus vielen Landesteilen und Pilger gleichermaßen an, die sich nach dem Gottesdienst zum Familienpicknick auf dem weitläufigen Klostergelände verteilen. Doch der anhaltende Krieg war auch in Tabgha zu spüren. Diesmal blieb genug Platz für alle in der Klosterkirche.
Den schwierigen Umständen entsprechend klein, aber in ihrer Intimität auf andere Weise schön, sei die Gemeinde der Feiernden, predigte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa.
Christen hätten das Recht, sich zu beklagen, aber nicht das Recht aufzuhören: Es sei "genug der Rede vom Krieg" und Zeit für die "Rede vom Evangelium".
Kein göttliches Wunder ohne Hilfe des Menschen
Zwei Lehren aus der biblischen Erzählung vom Wunder der Brotvermehrung gab das Oberhaupt der latinischen Katholiken im Heiligen Land seinen Gläubigen mit: dass die Antwort auf den gegenwärtigen Krieg nicht in menschlicher Macht stehe, dass es ohne die menschliche Bereitschaft und Beteiligung aber auch kein göttliches Wunder gebe.
"Wir sind arm und haben wenig, aber wenn wir es Gott geben, sind wir genug, um mit seiner Hilfe die Gesellschaft zu verändern", sagte Pizzaballa in Anspielung auf die in der Bibel berichteten wenigen Brote, die durch Jesu Wundertat ausreichend waren, um den Hunger von 5.000 Menschen zu sättigen.
Jesus habe das Brot empfangen und ausgeteilt. Entsprechend sei es die christliche Identität, "das, was wir haben, nicht für uns selbst zu behalten, sondern es zu geben", so Pizzaballa.
"Wir brauchen Frieden und Gerechtigkeit"
Wie es sei, Opfer von Hass zu werden, wisse man in Tabgha sehr gut, sagte Benediktinerabt Nikodemus Schnabel. 2015 war Tabgha Ziel eines Brandanschlags jüdischer Nationalisten geworden, bei dem Teile des erst 2012 eingeweihten Klosterneubaus stark beschädigt wurden.
"Dieses Land braucht nicht noch mehr Hass. Wir brauchen Frieden und Gerechtigkeit, mehr als je zuvor", so Schnabel.
Darum sei es in diesen Tagen auch "nicht wichtig, ob wir katholisch, orthodox oder protestantisch sind", so wie zu diesem Fest auch Vertreter und Gläubige anderer Konfessionen gekommen seien.
Am Ende habe "kein Mensch das Recht, einen anderen Menschen zu töten", so der deutsche Benediktinerpater. Diese gemeinsame Menschlichkeit sei die Essenz des Brotvermehrungsfestes.
"Mit all unseren Ängsten, mit unserer Wut und mit unserem Schmerz werden wir von Jesus selbst genährt."
Bischof Wilmer mahnt zum Dialog
Solange Menschen "auf Grund ihrer ethnischen Herkunft oder Religion herabgewürdigt und marginalisiert" werden, könne es keinen Frieden geben, sagte auch Bischof Wilmer in seiner Ansprache an die Feiergemeinde. Er mahnte zum Dialog.
Ohne die Religionsgemeinschaften könne kein dauerhafter Friede im Heiligen Land erreicht werden.
Zugleich versicherte er allen Opfern des Krieges, Israelis und Palästinensern, seine Solidarität.
Gott habe keine Staaten geschaffen, sondern Menschen. Grenzen und Flaggen seien menschliche Erfindungen, während Jesus, der "hier in unserer Gegend predigte", alle Menschen im Blick gehabt habe, mahnte Abt Nikodemus Schnabel in der abschließenden Vesper.
Einmal mehr verwies er auf die drei Hauptbotschaften der Brotvermehrung, die nach christlicher Tradition in Tabgha ihren Ort hat. Jesus habe die Menge gesehen und gehandelt, und das auch in einem ungelegenen Moment. In dieser Wirklichkeit liege der Auftrag, den es auch heute einzulösen gelte.