Christliche Wohngemeinschaft in ehemaligem Kloster sucht Nachfolger

"Ein Kloster für Menschen, die nicht ins Kloster dürfen"

Über vierzig Mitbewohner in vier Jahren mit gemeinsamen Abendessen und Gebeten. Ursula Huhn hat im "Glockenhof" eine christliche Gemeinschaft erschaffen. Jetzt sucht sie Nachfolger, die das Erbe dieses besonderen Ortes bewahren.

Autor/in:
Tobias Fricke
Symbolbild Wohngemeinschaft / © Monkey Business Images (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Man könnte von einem Mehrgenerationenhaus und von einer beruflich bunten Gemeinschaft bei Ihnen zu Hause sprechen. Mit wem teilen Sie sich das Klösterchen und warum?

Ursula Huhn (Gründerin der christlichen Wohngemeinschaft Glockenhof): Im Moment sind wir neun Personen. Wir wollten eine ökumenisch, christliche Lebensgemeinschaft gründen, um Kraft im Haushalt zu sparen. Als wir vor vier Jahren einzogen, haben die anderen, die mitkommen wollten, kalte Füße bekommen. Deswegen haben wir eine "christliche Wohngemeinschaft" annonciert und mit über 40 Leuten zusammengelebt. Die Meisten waren jünger als wir: Studenten, Wissenschaftler, Ukrainer, Perser und auch Flüchtlinge.

Ursula Huhn

"Reihum kocht jemand und macht die Küche sauber."

Wir teilen den Alltag nicht vollständig. Jeder hat seine Arbeit oder sein Studium, aber wir essen abends gemeinsam. Reihum kocht jemand und macht die Küche sauber. Wir teilen Haushalt und Garten und können abends gemeinsam zum Abendgebet gehen. Das ist aber unterschiedlich, wie viele daran teilnehmen.

DOMRADIO.DE: Ging es Ihnen auch um das Spirituelle, als Sie 2020 in dieses ehemalige Karmelkloster eingezogen sind?

Huhn: Wir wollten ein Ort für Menschen sein, die es immer in Klöster zog, die aber wegen Heirat oder wegen ihres Alters nicht mehr aufgenommen werden.

Ursula Huhn

"Wir suchen Nachfolger, die das Haus und das Gelände lieben."

DOMRADIO.DE: Jetzt werden Sie aus gesundheitlichen Gründen ausziehen und suchen Nachfolger. Wem würden Sie die Schlüssel gerne übergeben?

Huhn: Mein Mann hatte vor zwei Jahren einen Schlaganfall und wir brauchen eine behindertengerechte Wohnung. Wir suchen Nachfolger, die das Haus und das Gelände lieben und sagen: 'In diesem Haus wurde 30 Jahre intensiv gebetet, wir beten weiter.' Jemand, der die Räume in diesem Sinn nutzt.

Die jetzigen Mitbewohner sind nette Menschen, aber ihre Zukunftspläne sind unklar. Man könnte mit ihnen weitermachen oder neue Konzepte entwickeln. Für geistig oder körperlich behinderte oder gebrechliche Menschen ist das weniger geeignet. Ich kann mir auch vorstellen, dass Gruppen hier hinkommen, um stille Tage zu erleben.

Ursula Huhn

"Das Bistum wünscht nur, dass es im geistlichen Sinn genutzt wird."

Vielleicht sucht eine Gemeinschaft - wie koptisch-orthodoxe oder eine andere Kirche - ein stadtnahes Kloster, das ohne Auto erreichbar ist. Nebenan steht eine Kirche, die zweiwöchentlich von der Gemeinde genutzt wird. Die könnte die Wohngemeinschaft auch selbst nutzen. Wir sind hier für alles offen. Das Bistum wünscht sich nur, dass es im geistlichen Sinn genutzt wird.

DOMRADIO.DE: Anders als bei üblichen Wohnungen kann man das Leben in der Wohngemeinschaft bei Ihnen testen. Interessierte können im Glockenhof zu Gast sein. Wie muss man sich die Immobilie vorstellen?

Huhn: Es ist ein ehemaliges Pfarrhaus aus den 50er Jahren, die auch als Sühnekirche für Buchenwald gebaut wurde. Aus diesem Pfarrhaus wurde ein Kloster. Die Zimmer wurden zu Zellen umgewandelt. Unten ist eine Einliegerwohnung. Es gibt Gemeinschaftsräume wie einen Speisesaal und das Wohnzimmer. Ein wunderschöner Kreuzgang führt nach hinten zur Kapelle. Von dort gehen nochmal zwei Flügel mit je drei Zimmern ab, die jeweils etwa zehn Quadratmeter haben. Dazu gibt es einen schönen Garten mit Teich, der auch geliebt werden will.

DOMRADIO.DE: Da steckt also Arbeit drin. Ab wann könnte man einziehen?

Huhn: Ab sofort. Ein Zimmer ist frei. In einem Monat wird ein weiteres Zimmer frei. Wir selbst ziehen voraussichtlich Ende diesen Jahres aus.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR

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