Citykirche Wuppertal verteilt Aschenkreuz zum Mitnehmen

"Wie Menschen, die Tattoos tragen"

Die österliche Bußzeit beginnt mit der Spendung des Aschenkreuzes. Mehrere Bistümer bieten inzwischen ein Aschenkreuz "to go" an. Die Katholische Citykirche Wuppertal spendet das Zeichen zum Mitnehmen auf dem Wochenmarkt.

Das Aschekreuz wird verteilt / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Das Aschekreuz wird verteilt / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

DOMRADIO.DE: An Aschermittwoch wird entweder die Asche auf das Haupt der Gläubigen gestreut oder die Stirn mit einem Kreuz aus Asche bezeichnet. Sie verteilen das Aschekreuz. Welche Variante erhält man bei Ihnen, wenn man heute vorbeikommt?

Dr. Werner Kleine / © Katholische Citykirche Wuppertal
Dr. Werner Kleine / © Katholische Citykirche Wuppertal

Dr. Werner Kleine (Theologe und Pastoralreferent bei der Katholischen Citykirche Wuppertal): Man kann beide erhalten, das geht quasi auf Wunsch. Aber die allermeisten möchten doch das Kreuz auf die Stirn bekommen.

DOMRADIO.DE: Eine alte Tradition in neuem Angebot. Um zwölf Uhr gibt es eine kurze Andacht im Freien mit anschließender Möglichkeit, das Aschenkreuz zu empfangen. Sie machen das heute nicht zum ersten Mal. Wie gut wird das angenommen?

Kleine: Wir waren seinerzeit die ersten hier in Deutschland, die das gemacht haben. Das war von Anfang an ein Angebot, das in der Öffentlichkeit sehr gut angenommen wird. Allein bei der Andacht werden wir vor dem sogenannten Berliner Plätzchen, das ist ein Ort der Pfarrgemeinde Sankt Johann Baptist in Wuppertal-Oberbarmen, mit etwa 30 Personen stehen, die dort die Andacht gemeinsam feiern.

Dr. Werner Kleine (Theologe und Pastoralreferent bei der Katholischen Citykirche Wuppertal)

"Danach gehen wir, also meine Kollegin und ich, über den Wochenmarkt, der dort angrenzt, und bieten denen, die dort auf dem Wochenmarkt ihre Besorgungen machen, das Aschenkreuz an."

Wir werden dort auch erstmalig das Aschenkreuz empfangen. Danach gehen wir, also meine Kollegin und ich, über den Wochenmarkt, der dort angrenzt, und bieten denen, die dort auf dem Wochenmarkt ihre Besorgungen machen, das Aschenkreuz an. Dann haben wir eine Klapper dabei und machen damit auf uns aufmerksam. Dass die Menschen das Aschenkreuz mitnehmen, wird immer sehr gut angenommen.

Man muss dabei sagen, Wuppertal ist eine reformierte Stadt, die ist nicht so besonders katholisch. Wir haben mittlerweile – glaube ich – nur noch etwa 18 Prozent Katholikenanteil. Da ist es schon erstaunlich, wie viele Menschen dann doch sich das Aschenkreuz auflegen lassen.

DOMRADIO.DE: Aber nicht die evangelischen Christen, oder?

Kleine: Das kommt vor. Die sind neugierig, was das ist und lassen sich das dann auch erteilen. Wir haben auch so kleine Informationszettel dabei, auf denen erklärt wird, was das Aschenkreuz für uns als Katholiken bedeutet, sodass sich die Leute da jetzt nicht nur einfach einschmieren lassen, sondern dieses Zeichen auch innerlich mitvollziehen.

DOMRADIO.DE: Was ist das für ein Zeichen in Vorbereitung auf die 40-tägige österliche Bußzeit, die sogenannte Fastenzeit? An was soll es erinnern?

Kleine: Jetzt haben Sie schon sehr schön die beiden Begriffe, die wir kennen, verwendet. Österliche Bußzeit ist der offizielle Begriff. Fastenzeit ist eher das, was sich im Volksmund etabliert hat. Wir Katholiken kennen eigentlich definitiv nur zwei Fast- und Abstinenztage. Das ist heute der Aschermittwoch und der Karfreitag. Denn das Fasten ist biblisch gesehen mit der Totenklage verbunden. Am Karfreitag gedenken wir natürlich des Todes Jesu am Kreuz.

Heute gedenken wir unserer eigenen Sterblichkeit. Genau daran erinnert uns das Aschenkreuz: Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehren wirst. Wir Menschen leben eben nicht ewig, zumindest nicht hier auf Erden. Diese irdische Existenz ist begrenzt. Daran erinnert uns der Aschermittwoch.

DOMRADIO.DE: Wenn man jetzt das Kreuz von Ihnen bekommen hat, dann trägt man es in der Regel die nächsten Stunden im Gesicht. Wir haben es uns als Kinder schnell wieder von der Stirn runtergewischt. Das war ein bisschen peinlich, könnte man meinen. Man wird zumindest merkwürdig angeschaut. Was ist trotzdem daran noch aktuell?

Dr. Werner Kleine (Theologe und Pastoralreferent bei der Katholischen Citykirche Wuppertal)

"Tätowierungen sind doch mittlerweile überall sichtbar und verbreitet. Das versteckt man nicht. Das Aschenkreuz geht zwar noch nicht unter die Haut, sondern auf die Haut, aber es zeigt natürlich, wo wir stehen."

Kleine: Ich glaube, dass das mit dem merkwürdig angeschaut werden, gar nicht mehr so ist. Denn wenn ich so durch die Stadt gehe, auch wenn gerade nicht Aschermittwoch ist, sehe ich doch sehr viele Menschen, die das, was sie bewegt, auf der Haut, meistens sogar unter der Haut tragen.

Tätowierungen sind doch mittlerweile überall sichtbar und verbreitet. Das versteckt man nicht. Das Aschenkreuz geht zwar noch nicht unter die Haut, sondern auf die Haut, aber es zeigt natürlich, wo wir stehen.

Ähnlich wie Menschen, die Tattoos tragen und damit vielleicht auch etwas von sich preisgeben wollen, etwas, was sie bewegt. So zeigen wir Christinnen und Christen mit dem Aschenkreuz nach außen, dass wir an den Kreuzestod und die Auferstehung Jesu Christi glauben und das uns im wahrsten Sinne des Wortes auf die Stirn tragen.

Das ist fast auch schon eine jüdische Tradition. Juden beten jeden Tag mit den Tefillin, wenn sie die sich umbinden und tragen diese Gebetskapseln auf der Stirn, wenn man so will. Es ist eine kleine Verbindung dahin, dass wir auf der Stirn tragen, was uns bewegt.

DOMRADIO.DE: Es werden manchmal kleine bunte Luftschlangen mit verbrannt, um die Asche zu gewinnen. Steckt darin auch die Trauer um das Ende des Karnevals?

Kleine: Der Karnevalist wird das – glaube ich – so sehen. Der Karnevalist singt: "Am Aschermittwoch ist alles vorbei." Jetzt muss ich natürlich sagen, Sie sitzen in Köln, haben den Karneval gerade hinter sich gebracht. Ich bin hier in Wuppertal, da weiß man gar nicht, was Karneval ist, zumindest nicht so wie in Köln.

Dr. Werner Kleine (Theologe und Pastoralreferent bei der Katholischen Citykirche Wuppertal)

"Das Fest ist nicht zu Ende, es kommt. Das große Fest kommt erst Ostern und heute fängt die Festvorbereitung an, das heißt wir haben eine Zeit der Vorfreude vor uns."

Der Aschermittwoch ist für mich eher der Beginn von etwas, nicht das Ende von etwas, sondern wir gehen jetzt in die 40 Tage der Festvorbereitung hinein. Das Fest ist nicht zu Ende, es kommt. Das große Fest kommt erst Ostern und heute fängt die Festvorbereitung an, das heißt wir haben eine Zeit der Vorfreude vor uns. Klar, wer begeisterter Karnevalist ist, wird natürlich heute erst mal sagen: "Schade, dass es vorbei ist. Jetzt müssen wir bis zum 11.11. warten."

DOMRADIO.DE: Wie wird man Sie heute an Berliner Plätzchen finden? Erkennt man sie irgendwie?

Kleine: Auf jeden Fall. Wir stehen vor dem Berliner Plätzchen. Das ist die Ecke Langobardenstraße/Berliner Straße. Mich wird man auf jeden Fall erkennen, weil ich mein weißes Gewand, meine Albe anhabe, die ich immer zu Gottesdiensten trage. Ich werde da unübersehbar sein.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Stichworte zum Fasten

"Fasten" wird definiert als Verzicht auf bestimmte (oder gar sämtliche) Speisen, Getränke und Genussmittel über einen bestimmten Zeitraum. Der Begriff selbst kommt aus dem Althochdeutschen für "festhalten" im Sinne von "beachten". Allerdings ist Fasten in vielen Kulturen und Religionen bekannt.

Bier: galt wie Wein in den Klöstern traditionell als erlaubt, vor allem auch wegen der schlechten Wasserqualität im Mittelalter. Verzicht auf Alkohol ist für viele Christen heute ein klassischer Punkt für die Fastenzeit.

Fastenzeit / © Tomasetti (DR)
Fastenzeit / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR