Wie Religionsgemeinschaften ihre Gläubigen schützen wollen

Corona und die Religionen

Von radikalen Forderungen nach Grenzschließungen bis hin zu entspannten Patriarchen mit Gottvertrauen - viele Religionsgemeinschaften haben auf das Coronavirus reagiert. Für die Gläubigen heißt es jetzt: improvisieren.

Autor/in:
Lisa Konstantinidis
Messe mit Mundschutz in Hongkong / © Francis Wong (KNA)
Messe mit Mundschutz in Hongkong / © Francis Wong ( KNA )

Covid-19 hat die Welt im Griff - ebenso wie die Angst vor Ansteckung. Auch für Religionsgemeinschaften ist das neuartige Virus ein Thema, man will die Gläubigen schützen. Auf unterschiedlichen Wegen. Manche davon sind mehr als fragwürdig.

Verdacht auf Scharlatanismus

So bietet eine evangelikale Kirchengemeinde in der brasilianischen Stadt Porto Alegre eine Salbung mit geweihtem Öl an, die Menschen vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen soll. Das hat auch die Polizei auf den Plan gerufen: Die ermittelt jetzt wegen des Verdachts auf Scharlatanismus gegen die Kirchenoberhäupter. Bei einer Kontrolle eines Gottesdienstes am Sonntag konnte aber kein Rechtsverstoß festgestellt werden.

In Malawi kämpft unterdessen der selbsternannte Prophet Shepherd Bushiri laut einem Bericht des Portals "Malawi24" gegen die neue Krankheit. "Ich stehe hier und befehle diesem Dämon, herauszukommen.

Du wirst verschwinden im Namen Jesu", soll der Anführer einer Freikirche demnach in einer Predigt gesagt haben. Den Auftrag, den "Coronavirus-Dämon zurechtzuweisen", will der kontroverse Prediger von Gott selbst erhalten haben. Er versprach seinen Anhängern, sie überall vor dem Virus zu beschützen.

Die US-Bischöfe setzen hingegen auf die Mithilfe ihrer Gemeinden und raten zu umfangreichen Schutzmaßnahmen, die religiöse Rituale und den Ablauf von Messen verändern. Gläubige sollen improvisieren: Der Friedensgruß per Handschlag war gestern, heute muss eine Berührung mit dem Ellbogen oder ein freundliches Nicken reichen. Auch die Mundkommunion fällt aus: Statt die Hostie in den Mund gelegt zu bekommen, landet sie jetzt nur noch auf der Handfläche der Gläubigen.

Der Kelch soll bei der Eucharistie vom Priester nicht an die Gemeinde gegeben werden - in katholischen Messen ohnehin die Ausnahme -, um die Ausbreitung des Virus zu vermeiden.

Kleine Wallfahrt nach Mekka und Medina ausgesetzt

Mit demselben Ziel hat Saudi-Arabien die umrah, die kleine Wallfahrt nach Mekka und Medina, ausgesetzt. Dies gilt sowohl für Einheimische als auch für Einwohner mit ausländischen Staatsbürgerschaften. Für ausländische Pilger, die die beiden Städte besuchen wollten, hatte das Königreich bereits die Grenzen dicht gemacht.

Auch jüdische Gemeinschaften rufen ihre Gläubigen zu Vorsicht auf - und befürworten, das Küssen gemeinschaftlich genutzter Gebetsbücher und der traditionellen Schriftkapseln an Türrahmen zu unterlassen.

Gläubige sollen zu Hause bleiben, wenn sie sich krank fühlen, auch wenn sie in das Trauergebet Kaddisch eingebunden sind.

Die weltweite Gesundheitskrise um das Coronavirus schürt aber auch antisemitische Einstellungen. Der baden-württembergische Antisemitismus-Beauftragte Michael Blume berichtet von YouTubern, die US-amerikanische Juden bezichtigen, das Coronavirus herzustellen und zu verbreiten. Die Rede sei auch von einer "zionistischen Weltverschwörung für eine Neue Weltordnung". Blume befürchtet, dass sich entsprechende Phänomene in den kommenden Monaten noch verstärken könnten.

In Zeiten des Coronavirus ist den Medien inzwischen auch eine Erkältung des Papstes eine Schlagzeile wert. Trotz des Ausbruchs der Krankheit in Italien hatte Franziskus vergangene Woche noch Hände geschüttelt und sich zwischen Gläubigen bewegt. Auf russischen Social-Media-Kanälen wurde die Unpässlichkeit des Kirchenoberhaupts danach als Covid-19-Infektion dargestellt. Italienische Zeitungen hatten am Dienstag berichtet, dass ein Test auf das Coronavirus negativ ausgefallen sei, der Vatikan äußerte sich nicht.

Rumänisch-orthodoxe Kirche sieht keine Gefahr

Die rumänisch-orthodoxe Kirche schätzt die Lage rund um das Virus im Gegensatz zu anderen religiösen Gemeinschaften nicht als Gefahr ein.

In einem von Patriarch Daniel unterzeichneten Kommunique wies die Kirche Aufforderungen zurück, sie solle Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Der Patriarch bekräftigte, "dass die Heilige Eucharistie keine Quelle von Krankheit und Tod ist und niemals sein kann (...)". Gläubige mit einem starken und lebendigen Glauben hätten keine Angst vor dem Küssen heiliger Ikonen, sondern würden das Gebet und den Segen der auf den Ikonen dargestellten Heiligen genießen.

Für radikale Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus sprach sich hingegen der libanesische Drusenführer Walid Jumblatt aus. "Alle Übergänge des Todes müssen geschlossen werden, seien es Land-, See- oder Luftgrenzen in den Libanon", sagte er. Für die Behandlung infizierter Menschen, müsse eine Einrichtung von Quarantänezentren erfolgen.


Quelle:
KNA
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