"Wir müssen die Anreize für Migranten weiter reduzieren, nach Deutschland zu kommen", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, vor Beginn der Klausur der CSU-Bundestagsabgeordneten der "Passauer Neuen Presse".
Geldleistungen nur in sehr geringem Umfang
Das gelte zuvorderst für diejenigen, die keine Aussicht auf Anerkennung hätten, so der CSU-Innenpolitiker. Vor allem für ausreisepflichtige Migranten müssten die Asylleistungen massiv zurückgefahren werden, um den Druck zu erhöhen, Deutschland schneller zu verlassen. "Bisher werden die Leistungen 15 Monate lang reduziert gezahlt.
Künftig sollte die Einschränkung auf 36 Monate verlängert werden", erläuterte der Innenpolitiker das Asylkonzept, das die Bundestagsabgeordneten der CSU ab Donnerstag in Kloster Seeon beraten und beschließen wollen. Abgelehnte Flüchtlinge sollten demnach "nur noch Sachleistungen bekommen und Geldleistungen in sehr geringem Umfang", sagte Mayer.
Verfassungsrechtliche Bedenken
Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kritisierte das Konzept. "Die Kürzung der Sozialleistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge wäre integrationspolitisch falsch und verfassungsrechtlich fragwürdig", sagte der Chef der Migrationsforschung des Instituts der Bundesagentur für Arbeit, Herbert Brücker, der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". "Durch eine Kürzung würde nur der Anreiz verstärkt, in die Schwarzarbeit zu gehen oder kriminell zu werden. Das kulturelle und soziale Existenzminimum wird in Deutschland für jeden Bürger staatlich garantiert, egal, ob jemand Migrationshintergrund hat oder nicht", sagte der IAB-Forscher.
Das Bundesverfassungsgericht formulierte in einem Urteil vom 18. Juli 2012 klare Vorgaben für die Höhe der staatlichen Geldleistungen für Asylbewerber in Deutschland (AZ: 1 BvL 10/10 und 2/11). Damals hatten die Karlsruher Richter die Leistungen für Asylbewerber für "evident unzureichend" und damit verfassungswidrig erklärt. Die Geldleistungen lagen um 35 Prozent unter denen für Hartz-IV-Empfänger, welche schon als Existenzminimum gelten. Die Bundesregierung musste das Asylbewerberleistungsgesetz korrigieren.
CSU-Auffassung erhält Widerspruch
Die Richter urteilten, das menschenwürdige Existenzminimum stehe deutschen und ausländischen Staatsangehörigen gleichermaßen zu. Es sichere nicht nur das körperliche Überleben, sondern auch "ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben", hieß es zur Begründung.
Maßgeblich für die Berechnung seien die Verhältnisse in Deutschland, erklärte das Gericht weiter. "Migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen."
IAB-Forscher Brücker widersprach der Auffassung der CSU, die Höhe der Sozialleistungen sei ein besonders wichtiger Faktor für Flüchtlinge, Deutschland als Zielland auszuwählen. "Deutschland liegt bei den Sozialleistungen für Migranten im Mittelfeld der westlichen Industriestaaten", sagte der Forscher. "Aus unseren Umfragen geht hervor, dass der Schutz der Menschenrechte, das Bildungssystem und die gute wirtschaftliche Lage für Migranten wichtigere Gründe sind, nach Deutschland zu kommen, als die Höhe der Sozialleistungen", sagte der Experte.
Zustimmung kommt von CDU-Vize Klöckner
CDU-Vize Julia Klöckner unterstützt die Forderungen der CSU nach Leistungskürzungen für Asylbewerber. Sie halte derartige Schritte auch in einer großen Koalition für durchsetzbar, sagte Klöckner am Mittwoch dem Bayerischen Rundfunk. Zudem verwies die Politikerin darauf, dass in der Integrationspolitik die SPD häufig zuerst Forderungen von CDU und CSU abgelehnt habe, am Ende sei es aber dann doch so entschieden worden.
Klöckner rief dazu auf, bei der Integration nicht nur zu fördern, sondern auch einzufordern. Wer das Gastrecht hierzulande genieße, müsse sich auch entsprechend verhalten. Wer sich etwa weigere an Integrationskursen teilzunehmen, "der sagt dem aufnehmenden und humanen Staat ganz klar, dass er nicht teilt, was hier gedacht wird in der gemeinsamen Gesellschaft". Da solle der Staat dann auch nicht naiv sein.
Nach Ansicht der CDU-Politikerin sind die von der CSU geforderten Kürzungen bei Asylleistungen bereits bei geltender Gesetzeslage anwendbar: "Es gibt einiges, was heute schon gilt. Sie können ja von der Geldleistung in die Sachleistung übergehen." So gebe es bei einer Arbeitsverweigerung beispielsweise die Möglichkeit, Hartz IV zu kürzen: "Warum sollte das nicht für jemand Zugewandertes auch gelten?"