"Ich persönlich habe überhaupt kein Problem, wenn mein Gutachten nächstes Jahr neben das Westpfahl-Gutachten gelegt wird", sagt der Kölner Strafrechtler Björn Gercke der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Donnerstag). "Dann können sich alle ein Bild machen. Wenn dies in irgendeiner Form äußerungsrechtlich möglich sein sollte, würde ich dies im Sinne von Transparenz begrüßen."
Das Erzbistum Köln hatte am Freitag angekündigt, ein 2018 in Auftrag gegebenes Gutachten der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl nicht zu veröffentlichen. Kardinal Rainer Maria Woelki, der das Gutachten nach eigener Aussage selbst nicht kennt, begründete dies mit handwerklichen Mängeln der Untersuchung und berief sich dabei auf die Einschätzung von Gercke und zwei weiteren Juristen. Die Münchner Kanzlei wies die Kritik zurück; das Gutachten könne jederzeit veröffentlicht werden.
Veröffentlichung spätestens im März 2021 geplant
Woelki hatte für seine Entscheidung auch die Zustimmung des Beirats von Betroffenen sexualisierter Gewalt eingeholt. Doch nun sprach sich auch dessen Sprecher Patrick Bauer für eine Veröffentlichung aus. Er sei bei der Sitzung des Gremiums von den Beratungen über den Weitergang der Studie überrascht worden, sagte er dem Portal katholisch.de.
Unterdessen teilte das Erzbistum mit, dem Betroffenenbeirat das Westpfahl-Gutachten zur Kenntnis anzubieten, sobald das "belastbare Gutachten" von Gercke vorliege. Geplant ist eine Veröffentlichung spätestens am 18. März 2021.
Kritik an Forderung nach Nennung von Namen
Das Gutachten soll nach dem Wunsch des Kardinals ausdrücklich Namen von heutigen und ehemaligen Verantwortlichen im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt nennen. Mehrere Kleriker, darunter der frühere Kölner Personalchef und heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, hatten rechtliche Bedenken gegen die Ausarbeitung der Münchner Kanzlei erhoben.
Gercke sagt "Christ & Welt": "Wir werden diese Untersuchung juristisch wasserfest machen." Vor Veröffentlichung werde das Erzbistum die Untersuchung wie schon die Westphal-Studie sicher einer äußerungsrechtlichen Bewertung unterziehen lassen. "Dies ist durchaus üblich. Und damit habe ich kein Problem."