Am Ende wurde der Druck einfach zu groß. Selbst der bolivianische Gewerkschaftsverband COB forderte am Sonntag den Rücktritt des linksgerichteten Präsident Evo Morales. Im Interesse des Friedens im Land.
Unruhen ebben nicht ab
Doch auch nach Morales Rücktrittserklärung und der Ankündigung von Neuwahlen ebbten die Unruhen in Bolivien nicht ab. In der Nacht kam es zu gewalttätigen Übergriffen gegen Vertreter der Opposition. Das Haus des prominenten Universitätsrektors Waldo Albarracin wurde niedergebrannt, lokale Medien berichteten über Verwüstungen in einigen Teilen des Landes durch Morales Anhänger.
Sein Rücktritt verkündete der sozialistische Politiker am Abend im bolivianischen Fernsehen unter anderem nach Gesprächen mit Vertretern der katholischen Kirche. Unklar ist, mit wem Morales sprach. Zuvor hatte ihn die Armeespitze zum Rücktritt aufgefordert, um das Land nach den wochenlangen Protesten gegen das umstrittene offizielle Wahlergebnis zu befrieden. Auch Morales' Stellvertreter legten ihre Ämter nieder. Derzeit ist unklar, wer in Bolivien regiert.
Unregelmäßigkeiten bei Präsidentschaftswahlen
Am Sonntagmorgen hatte die Kommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober berichtet und Neuwahlen empfohlen. Die offizielle Wahlbehörde hatte Evo Morales dagegen zum Sieger im ersten Durchgang erklärt.
Die Staatsanwaltschaft hat nun Ermittlungen gegen die Funktionäre der Wahlbehörde aufgenommen. Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes versuchte nach Medienberichten, in Männerkleidung aus La Paz zu fliehen. Sie wurde aber verhaftet.
Präsident spricht von "Bürgerputsch"
Morales erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen die Opposition und warf ihr einen Staatsstreich vor. Für seine Darstellung eines "Bürgerputsches" erhielt der zurückgetretene Präsident Unterstützung aus Venezuela, Kuba und Nicaragua. Brasiliens Regierung erklärte dagegen, Morales sei wegen der Forderungen aus seinem Volk aufgrund des versuchten Wahlbetruges zurückgetreten.
Es habe in Bolivien keinen Putsch gegeben. Mexiko bot Morales unterdessen Asyl an. Der linksgerichtete Politiker erklärte allerdings, in Bolivien bleiben zu wollen: "Der Kampf geht weiter."
Bischof von Potosi forderte Rücktritt
Noch am Sonntag hatte der katholische Bischof von Potosi, Ricardo Centellas Guzman, in einem offenen Brief an Morales den Rücktritt des sozialistischen Staatschefs gefordert. Der Erzbischof von La Paz, Edmundo Abastoflor, rief seine Landsleute zu gegenseitigem Respekt auf. Man müsse einen Dialog führen und die Dinge friedlich bereinigen. "Suchen wir den Frieden, basierend auf Gerechtigkeit, Wahrheit, Respekt", sagte Abastoflor.
Noch vor einer Woche hatte der bolivianische Kardinal Toribio Ticona dem konservativen Herausforderer Carlos Mesa vorgeworfen, für die Gewalt im Land verantwortlich zu sein, weil er Vorwürfe gegen Morales ohne Fundament erhebe. Er wich damit von der Linie der bolivianischen Kirche ab.
Bolivien wird seit der Präsidentschaftswahl am 20. Oktober von heftigen Unruhen erschüttert. Die Wahl war vielfach beanstandet worden. Morales und sein Herausforderer Mesa lagen zunächst gleichauf bei der Auszählung. Nach einem Tag Unterbrechung wurden Morales zehn Prozentpunkte Vorsprung bescheinigt.
Die Opposition wirft dem Präsidenten Wahlbetrug vor, Morales bestand bislang auf einem Sieg im ersten Durchgang. Vertreter von Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und der Kirche hatten von Hinweisen auf Wahlbetrug gesprochen, denen es nachzugehen gelte.