Die Diagnose einer unheilbaren Erkrankung kann das Leben eines Menschen und seiner Familie von einem Tag auf den anderen aus den Fugen bringen. Plötzlich ist der Lebenshorizont begrenzt. Der Erkrankte und seine Angehörigen müssen sich auf den Abschied einstellen.
Unvermeidlich stellen sich die Fragen: Was ist jetzt noch wichtig, was möchten wir noch gemeinsam erleben, was hat nun keine Bedeutung mehr? Geklärt werden muss auch, ob die Angehörigen die notwendige Pflege leisten können oder ob der Kranke auf eine Palliativstation oder in ein Hospiz verlegt werden muss.
"Das späte Leben"
Diese Fragen stellen sich in dem neuen Roman von Bernhard Schlink mit dem Titel "Das späte Leben". Der ehemalige Juraprofessor Martin Brehm hat Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sein Arzt schätzt die ihm noch verbleibende Lebenszeit auf zwölf Wochen. Mit seinen 76 Jahren hat er zwar fast die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern in Deutschland erreicht. Doch Brehm hat eine um mehr als 30 Jahre jüngere Frau und einen sechsjährigen Sohn.
Der Roman beschreibt einfühlsam, wie sie die letzten gemeinsamen Lebenswochen gestalten. Brehm wird immer müder, die Dosierungen schmerzstillender Medikamente werden höher. Am Ende fahren sie gemeinsam ans Meer. Das reine Glück sind für ihn die Minuten im Liegestuhl am Strand, wenn Ulla ihren Kopf an seinen lehnt und sie sich ihrer Liebe versichern.
Freundschaften geben dem Leben Sinn
Das erinnert an den bekannten Satz des heiligen Johannes vom Kreuz: "Am Ende unseres Lebens werden wir nach der Liebe gefragt." Was dem Leben Sinn und Erfüllung gibt, ist nicht das Anhäufen von materiellem Besitz und Ansehen, sondern es sind Beziehungen und Freundschaften. So fragt auch Jesus: "Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?" (Mt 16,26)
In einem Psalm heißt es: "Lehre uns bedenken, das wir sterben müssen, auf dass wir klug werden" (Ps 90,12). Der Tod hat eine schreckliche Seite und soll eigentlich nicht sein. Doch je mehr man sich mit ihm beschäftigt, erschließt sich doch auch ein Sinn in ihm. Eine Verlängerung des irdischen Lebens ins Unendliche wäre schwer erträglich. Nichts mehr hätte den Charakter des Besonderen, da es sich ja immer neu wiederholen kann. Keine getroffene Entscheidung wäre endgültig, da sie ja immer noch veränderbar oder widerrufbar wäre.
Zeitlose Glückseligkeit
Es ist schon seltsam: Damit ich mich auf etwas freuen kann, muss ich in diesem Leben sterblich sein. Damit ich mich endgültig entscheiden kann, muss es ein Ende mit mir haben. Ein endloses Weiterleben in dieser Welt wäre "auf Dauer" in der Tat unendlich langweilig. Doch das ewige Leben verheißt eine zeitlose Glückseligkeit.
Auch Papst Franziskus befasst sich verstärkt mit seinem Tod. In einem Interview erklärte er vor kurzem, wenn man in ein gewisses Alterkomme, müsse man sich vorbereiten. Er habe sich eine Grablege in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore ausgesucht, mit der er besonders eng verbunden sei. Den päpstlichen Zeremonienmeister habe er angewiesen, das Protokoll für Papstbegräbnisse zu vereinfachen.
Mit der ihm eigenen Selbstironie fügte Franziskus hinzu, dass der neue Ritus sein erster sein werde. Was das ewige Leben betrifft, vertraue er darauf, dass eine Wohnung im Himmel für ihn bereitet sei.