An diesem Samstag gibt Italiens Regierung ihre definitiven Beschlüsse im weiteren Kampf gegen die Pandemie bekannt. Für Franziskus, der zum achten Jahrestag seiner Wahl Glückwünsche aus aller Welt erhält, bedeutet das neue Dekret der Regierung Mario Draghi: ein weiteres Osterfest im Lockdown. Frühestens am 6. April soll Italien wieder öffnen dürfen.
Begonnen hatte alles am Abend des 8. März 2020, als Ministerpräsident Giuseppe Conte das Land dichtmachte. Einen Tag später bereits wurde die tägliche Frühmesse des Papstes in Santa Marta online übertragen. Einmal mehr bewies Franziskus Volksnähe. Er nahm die Sorgen von Millionen Menschen in seinen Gebetsintentionen auf, würdigte den aufopferungsvollen Einsatz von Pflegekräften, Ärzten, Politikern und Seelsorgern. Vor allem den Familien, die unter den Einschränkungen leiden, sprach er immer wieder Mut zu.
Spätestens als Ende März der öffentlich-rechtliche TV-Sender Rai 1 die Messe ins Programm aufnahm, entwickelte diese sich zum Quotenrenner mit einem Fernseh-Marktanteil von zuletzt mehr als 30 Prozent. Hinzu kamen der Stream im Internet, der selbst Christen im fernen China den Papst ins Haus brachte. Auch aus den Geister-Audienzen mittwochs in der Apostolischen Bibliothek, bei denen Franziskus zunächst nicht wusste, wohin er schauen sollte, wurden leidliche Videoansprachen.
Große Bilder und Gesten
Historische Zeichen setzte das Kirchenoberhaupt am Tiefpunkt der Krise: Der Papst, wie er die menschenleere Einkaufsstraße Via del Corso im römischen Zentrum entlanggeht, um in einer Kirche vor einem alten Pestkreuz zu beten; der Papst, wie er an einem regennassen Abend auf dem Petersplatz das Allerheiligste erhebt, um für die Stadt und den Erdkreis Schutz und Trost in der Pandemie zu erflehen - Bilder, die über das Pontifikat hinaus bleiben werden.
Franziskus, der so sehr die Nähe zu Menschen liebt, predigte einsam Mitmenschlichkeit. In Videoansprachen, beim Oster- und Weihnachtsfest ohne oder mit nur wenigen Gläubigen, in seiner im Herbst veröffentlichten Enzyklika "Fratelli tutti" und dem Buch "Wage zu träumen!", das im Sommer entstand, appellierte er an Solidarität - zwischen Staaten, Religionen, sozialen Klassen. Für die globale Krise gebe es nur eine globale Lösung: Niemand darf zurückbleiben.
Um beim Aufbau einer Welt nach der Pandemie mitzuhelfen, gründete sein Entwicklungsminister, Kardinal Peter Turkson, eine Covid-Kommission. Die versammelt internationales und interdisziplinäres Know-how, soll vor allem in wirtschaftlich armen Gegenden Initiativen anstoßen und vernetzen.
Ein Papst im Homeoffice
Als "Gefangener im Vatikan" blieb Franziskus mehr Zeit für Schreibtischarbeit und Gebet - was für ihn untrennbar zusammengehört. Zwar bremste die Pandemie auch die Kurienreform; besonders sichtbar wurde sie aber im Bereich Finanzen. Der Papst erließ strengere Regeln für interne Auftragsvergaben und die Mittelverwendung; das Staatssekretariat musste die Hoheit über seine beträchtlichen Vermögenswerte an die päpstliche Vermögensverwaltung Apsa abgeben.
Gleichwohl müssen Papst, Kurie und Vatikanstaat mit weniger auskommen; auch sie wurden wie viele von den wirtschaftlichen Folgen der Krise getroffen. Am meisten zu schaffen machen Einnahmeausfälle der Vatikanischen Museen.
Die Medien als Werkzeug
Der Pfarrer auf dem Stuhl Petri, der früher jede Journalistengruppe als "Löwengrube" empfand, wurde um der Seelsorge willen medial noch mutiger. In einer aufwendig produzierten TV-Serie, ab 20. März an drei Abenden vor Ostern zu sehen, unterhält er sich mit einem Gefängnisseelsorger ausführlich über Laster und Tugenden und darüber, wie Menschen in dieser Spannung ihr Leben meistern können.
Franziskus hat Papst-Sein im Lockdown zwar gelernt; ein Pontifikat im Homeoffice ist dennoch nicht sein Ding. "Ich bin froh, die Reisen wieder aufnehmen zu können", sagte er am 5. März auf dem Hinflug nach Bagdad. Gleichwohl gestand er auf dem Rückflug, die jüngste Reise habe ihn müder gemacht als frühere. 84 Jahre gingen eben nicht spurlos vorüber. Wie viele Reisen es noch geben wird? "Das wird man sehen, so etwas entwickelt sich."
Zunächst aber blickt man darauf, wie Franziskus das zweite Osterfest in der Pandemie begeht. Eine Andacht wie jene denkwürdige am 27. März, einsam auf dem verregneten Petersplatz, ist bisher nicht geplant. Sie wäre auch schwer zu wiederholen. So wird der Papst die Kar- und Ostergottesdienste mit wenigen Gläubigen im Petersdom feiern. Auch wenn er und viele im Vatikan bereits geimpft sind, zwingt die Lage außerhalb der vatikanischen Mauern das aktuelle Pontifikat weiterhin in einen Lockdown.
Roland Juchem