DOMRADIO.DE: Wie haben Sie die Tage der Vorsynode erlebt?
Magdalena Hartmann (Delegierte der Vorsynode in Rom): Die Aufregung und die Anspannung war anfangs noch mit dabei, ist dann aber in eine Euphorie und unglaubliche Dankbarkeit übergegangen. Jetzt bin ich sehr zufrieden und erfüllt und bereichert. Ich nehme ein riesiges Gepäck an Eindrücken mit.
DOMRADIO.DE: Was waren die großen Themen der Tage?
Hartmann: Es ging von A bis Z. Großes Thema war die Transparenz der Kirche, die Hierarchie, auch die Authentizität der Kirche, mit welcher Sprache die Kirche Jugendliche erreichen kann. Was überraschend war, dass das Frauenthema so präsent war. Nicht unbedingt das Frauenpriestertum, aber zum Beispiel Frauen in Führungspositionen der Kirche. Generell war es einfach Thema, dass die Rolle der Frau in der Kirche geklärt werden sollte.
DOMRADIO.DE: Und welche Hinweise haben die Delegierten abgegeben – ein klares Votum für mehr Frauen in Führungspositionen?
Hartmann: Ganz so klar kann man das nicht sagen. Das kommt auf die verschiedenen Länder und Kontinente an. Da waren kulturelle Unterschiede spürbar. Manche Länder haben sich mit dem Thema noch nicht wirklich auseinandergesetzt. Aber für Europa und beispielsweise USA und Australien, kann ich sagen, dass das Thema ganz offen angegangen werden sollte und Frauen vermehrt in Führungspositionen kommen sollten.
DOMRADIO.DE: Sind auch insgesamt verschiedene Themen vorgebracht worden, je nachdem woher die Delegierten gekommen sind?
Hartmann: Auf jeden Fall. Bei mir in der Sprachgruppe war es unglaublich interessant. Bei uns waren vor allem westlich orientierte Länder dabei, aber Indien und Russland haben einfach ganz andere Themen, als wir in Deutschland. Da gibt es Tabuthemen, die nur unter dem Tisch angesprochen wurden, gerade das Frauenthema, aber auch Transparenzfragen.
DOMRADIO.DE: Wie wichtig waren die großen Reizthemen, zum Beispiel die Sexualmoral?
Hartmann: Ich würde nicht sagen, dass das die großen Themen waren. Sie waren vielleicht die Spitze des Eisbergs, aber insgesamt gab es ein breites Spektrum: Liturgie, die Sprache der Kirche, um Jugendliche zu erreichen, aber auch die Medien.
DOMRADIO.DE: Zu Beginn der Synode haben Sie gesagt, dass eine der wichtigsten Fragen für Sie persönlich ist, wie Kirche in den Alltag gehört. Haben Sie sich damit auch im Abschlussdokument wiedergefunden?
Hartmann: Ja. In dem Bereich, wo es darum geht, an welchen Orten die Kirche präsent sein sollte, dort konnten wir es gut einbringen. Aber auch in vielen anderen Unterpunkten ist spürbar, dass die Kirche ins Leben und in den Alltag kommen sollte und wieder lebendig werden sollte.
DOMRADIO.DE: Mitgedacht werden mussten bei den Beratungen auch die Jugendlichen, die mit Kirche und Glaube nicht mehr viel zu tun haben. Wie konnten deren Positionen mit eingebracht werden?
Hartmann: Das war eine große Herausforderung. In meiner Sprachgruppe waren glücklicherweise zwei Atheisten und eine Muslima. Bei der Formulierung des Dokumentes war es dann sehr herausfordernd, weil die Fragen recht konkret vorformuliert waren und sich dadurch manche ausgeschlossen fühlten. Aber auch diese drei aus meiner Sprachgruppe sind am Ende sehr zufrieden und finden sich in dem Dokument wieder. Oft wurde noch ein Absatz hinzugefügt, wie es für nicht-christliche Jugendliche ist.
DOMRADIO.DE: Was konnten Sie lernen von diesen anderen Perspektiven?
Hartmann: Aus muslimischer Sicht hatten wir das Glück, dass die junge Frau interreligiös aktiv ist. Da konnten wir die Offenheit und Wertschätzung erfahren, genauso auch bei den Atheisten. Sie haben auch aus ihrer Perspektive erzählt, wo Kirche unauthentisch wirkt, welche negativen Erfahrungen sie gesammelt haben.
DOMRADIO.DE: Jetzt wurde das Abschlussdokument dem Papst übergeben. Bei der Schlussformulierung soll es einige Misstöne gegeben haben, weil nicht alles dort wiederzufinden war, was besprochen wurde und manches nur abgenickt werden konnte. Stimmt das?
Hartmann: Sowohl, als auch. Am Freitagnachmittag konnten wir noch Änderungen mit eingeben. Allerdings hatten wir keinen Einfluss darauf, welche Änderungen aufgenommen werden und welche nicht. Das war leider nicht ganz transparent, sodass ein Vorschlag, der vor allem von der europäischen Seite kam, vermutlich nicht häufig genug genannt wurde und dadurch nicht übernommen wurde. Andere Vorschläge aber, die wir auch als deutsches Team angegeben hatten, wurden aber übernommen.
DOMRADIO.DE: Das Dokument ist jetzt beim Papst, auf ihm baut die Bischofssynode im Herbst auf. Wie groß sind die Hoffnungen, dass es bei der Synode eine größere Rolle spielt?
Hartmann: Ich habe den Eindruck, dass die Jugendlichen und junge Erwachsenen einen Eindruck hinterlassen konnten. Die Atmosphäre war wirklich gigantisch und Kardinal Baldisseri (Anm. d. Red.: der Sekretär der Bischofssynode) hat auch gespürt, welches Feuer dahinter steckt. Ich glaube nicht, dass das Dokument in der Schublade verschwindet. Ich kann mir eher vorstellen, dass es eine große Rolle spielt. Wir konnten ein Zeichen setzen, dass vielleicht noch überlegt wird, ob nicht mehr Jugendliche bei der Synode vor Ort sein könnten.
Das Gespräch führte Matthias Friebe.