Im Streit um einen abgesetzten niederbayerischen Pfarrer wollen Mitglieder seiner Gemeinde am Samstag ihren Protest vor den Passauer Dom tragen. Zu einer Demonstration sind nach Angaben der Stadt 1.000 Personen angemeldet. Die Organisatoren benutzen laut einem Zeitungsbericht dafür auch den Slogan "Wir sind Kirche".
Die gleichnamige, seit Jahren für Reformen in der katholischen Kirche eintretende Gruppe "Wir sind Kirche" in Deutschland ging nun auf Distanz zu dem Protest. Ihr Vertreter im Bistum Passau, der Theologe Axel Harald Stark, sagte, man habe damit nichts zu tun. An den abgesetzten Pfarrer appellierte Stark, die Solidaritätsdemonstration zu verhindern: "Denn das gießt nur Öl ins Feuer."
"Stehen auf Seite der Opfer"
Die Initiative "Wir sind Kirche" sei vor 30 Jahren in Österreich gegründet worden, erinnerte der Theologe. Auslöser waren Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfe gegen den damaligen Wiener Kardinal Hans Herrmann Groer. "Wir sind Kirche" stehe nicht auf der Seite der Täter, sondern der Opfer, und setze sich für deren Anerkennung sowie die Aufklärung von Missständen ein, erklärte Stark.

Der abgesetzte Pfarrer steht unter Verdacht, in seiner Jugendarbeit Grenzen verletzt zu haben. Insbesondere wird ihm Alkoholmissbrauch vorgeworfen. Er selbst lässt durch einen Rechtsbeistand alle Vorwürfe abstreiten. Der Jurist spricht von einer "Schmutzkampagne" gegen seinen Mandanten. Die Staatsanwaltschaft Passau prüft weiterhin, ob sie wegen möglicher Straftaten Ermittlungen aufnimmt. In Rom läuft parallel ein kirchenrechtliches Verfahren. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Pfarrer hat mehr als 11.000 Unterstützer
Der betroffene Geistliche ist abgetaucht. Sein Dienstherr, der Passauer Bischof Stefan Oster, hat ihn vorläufig freigestellt und ihm öffentliche Auftritte verboten. In der von dem Pfarrer geleiteten Gemeinde formierte sich seither eine Solidaritätswelle. Eine Online-Petition wirbt für sein Verbleiben im Amt. Sie wurde bisher von mehr als 11.200 Personen unterzeichnet.

In der betroffenen Kleinstadt fühlen sich indes Kritiker des Pfarrers von ihren Mitbürgern gemobbt. In einem BR-Fernsehbeitrag sagte die parteilose Bürgermeisterin des Ortes vergangene Woche, es sei eine Atmosphäre entstanden, die auch sie sehr bedrücke. Es werde schon angreifbar, wer nur dazu aufrufe, ehrlich und vielleicht auch mit Schmerzen auf die Vorhaltungen zu schauen. Dabei sei dies "der einzige vernünftige Weg".