"Mit größter Sorge" beobachtet die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Passau aktuelle Vorgänge in einer niederbayerischen Gemeinde. Dort wurde ein Pfarrer abgezogen, der sich Vorwürfen im Zusammenhang mit seiner Jugendarbeit ausgesetzt sieht. Dabei geht es vor allem, aber nicht nur um Alkoholmissbrauch, den der Priester bestreitet. Am Sonntag bekundeten mehrere tausend Gemeindemitglieder ihre Solidarität mit dem Geistlichen.
Eine am Freitag gestartete Onlinepetition, die sich für einen Verbleib des Pfarrers einsetzt, wurde bis Dienstagmittag von rund 9.300 Personen unterstützt. Die Initiatorin spricht von falschen Anschuldigungen. Der Pfarrer sei "eine Schlüsselfigur bei der Heranführung junger Menschen an die Kirche und den Glauben in moderner Form".
Demo auf dem Domplatz geplant
Nach einem Bericht der "Passauer Neuen Presse" haben sich etwa 15 Gemeindemitglieder zu einer Initiative formiert. Sie plane weitere Solidaraktionen für den Pfarrer, darunter eine Demonstration auf dem Passauer Domplatz.
Ursprünglich wollten an diesem Dienstagabend der Passauer Bischof Stefan Oster und sein Verwaltungschef, Generalvikar Josef Ederer, in den Pfarrverband kommen und dort das Vorgehen der Bistumsleitung erläutern. Der Termin wurde am Montagnachmittag abgesagt.
"Aktuell ist das Bemühen darauf gerichtet, die Situation, die Sorgen, Ängste und auch die Wut vieler Gläubiger vor Ort zu sehen", hieß es seitens der Bistumsleitung. Um zu deeskalieren, würden im kleineren
Kreis bereits intensiv Gespräche geführt. Der Gesprächstermin für eine größere Teilnehmerzahl werde "nach Möglichkeit zeitnah nachgeholt".
Neutrale Dritte hinzuziehen
In einer gemeinsamen Presseerklärung begrüßen die Unabhängige Aufarbeitungskommission und der Unabhängige Betroffenenbeirat im Bistum Passau die von der Bistumsleitung eingeleiteten Schritte.
Weitere seien notwendig. Man habe im vergangenen Herbst von den Vorfällen erfahren und sich anhand von Dokumenten und Aussagen selbst ein Bild gemacht.
Demnach empfahlen beide Gremien einstimmig dem Bischof mehrere Maßnahmen: Er solle den Pfarrer abziehen und dessen Fehlverhalten vor Ort klar benennen. Außerdem müsse er sich schützend vor Betroffene stellen. Gemeindemitglieder sähen sich "zunehmenden Anfeindungen und Repressalien ausgesetzt". Für einen Befriedungsprozess sollten neutrale Dritte eingeschaltet werden.
Betroffene, die sich bisher noch nicht gemeldet hätten, wurden gebeten, sich an die Ansprechpersonen des Bistums oder den Betroffenenbeirat zu wenden.