Neuer Anspruch auf Einbürgerung für Nachkommen von NS-Verfolgten

Der historischen Verantwortung gerecht werden

Weitere Nachfahren von NS-Verfolgten bekommen einen gesetzlichen Anspruch auf den deutschen Pass. Die von Bundestag und Bundesrat am Freitag beschlossene Neuregelung schafft Klarheit für Betroffene.

Der deutsche Reisepass  / © Matthias Balk (dpa)
Der deutsche Reisepass / © Matthias Balk ( dpa )

Die Regelung zielt auf  Betroffene ab, deren Vorfahren nicht von den Nazis zwangsausgebürgert wurden, etwa weil sie zuvor geflohen waren. Zwangsausgebürgerte und ihre Nachkommen haben hingegen laut Grundgesetz einen Anspruch auf Wiedereinbürgerung. In anderen Fällen war bislang bereits eine erleichterte Wiedereinbürgerung möglich. Sie war aber nicht gesetzlich geregelt. Der Zentralrat der Juden begrüßte die Reform.

Dabei geht es etwa um Kinder verfolgter jüdischer Mütter, sofern die Mütter durch die Heirat eines nicht-deutschen Mannes ihren deutschen Pass verloren. Betroffen sind neben Juden ebenfalls Roma oder andere Gruppen, die aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden.

Mit dem neuen Gesetz wird zudem geregelt, dass Ansprüche auf die sogenannte Wiedergutmachungseinbürgerung auch künftig keiner Befristung unterliegen. Bislang galt ein sogenannter Generationenschnitt für Kinder, deren Eltern nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurden und dort leben.

Einfache Erklärung genügt

Für eheliche Kinder einer deutschen Mutter und eines nicht-deutschen Vaters sowie für uneheliche Kinder eines deutschen Vaters und einer nicht-deutschen Mutter wird im Zusammenhang mit der beabsichtigten Wiedergutmachung ein zehnjähriges Erklärungsrecht geschaffen. Damit sollen sie durch einfache Erklärung die deutsche Staatsbürgerschaft in Anspruch nehmen können.

Im August 2019 hatte das für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständige Innenministerium bereits per Erlass die Einbürgerung für Nachfahren von denjenigen Verfolgten der NS-Zeit erleichtert, die keinen Anspruch nach dem Grundgesetz hatten. Zuvor hatte es lediglich eine erleichterte Einbürgerung nach Ermessen gegeben.

Bundestag und Länderkammer beschlossen ferner, dass Menschen, die eine antisemitische oder anderweitig menschenverachtende Straftat begangen haben, unabhängig vom Strafmaß die Einbürgerung verwehrt werden kann.

Schuster lobt Gesetzespaket

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, begrüßte die Regelungen. "Die Regierungskoalition hat wichtige rechtliche Schritte unternommen, damit Deutschland seiner historischen Verantwortung gerecht wird." Die Erleichterungen für ehemals NS-Verfolgte und ihre Nachkommen seien "überfällig".

Ebenso sei die Entscheidung zur möglichen Verweigerung der Einbürgerung ein wichtiges Signal, sagte Schuster. Es sei zugleich unabdingbar, "sowohl in den Schulen als auch in den Orientierungskursen die deutsche Verantwortung gegenüber Israel, die NS-Vergangenheit und die Schoah sowie Antisemitismus als Themen zu vermitteln".

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), kündigte einen Erlass seines Hauses mit einer Bitte an die Länder an: Danach soll bei Einbürgerungen darauf hingewiesen werden, dass bei Verurteilungen wegen antisemitischer Straftaten innerhalb von zehn Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft auch wieder entzogen werden könne.


Quelle:
KNA