Der Kampf um Stoibers Nachfolge hat begonnen

Intrigen und Spitzeleien

Von CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann kamen leise aber wiederholt kritische Töne, Seehofer schickte aus Berlin Durchhalteparolen, bevor ihn Gerüchte um eine Geliebte in Berlin selbst in die Schusslinie brachten. Und Stoiber zweifelt, dass es überhaupt einen geeigneten Nachfolger für ihn gibt. Der Kampf um die Nachfolge Edmund Stoibers als Parteivorstand und Ministerpräsident hat begonnen. Erwin Huber , Horst Seehofer, Joachim Hermann und Günther Beckstein werden als aussichtsreichste Kandidaten gehandelt - domradio stellt die vier bayrischen Schwergewichte vor.

 (DR)

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) zweifelt einem Bericht des "stern.de" zufolge an der Eignung dreier der potenziellen Nachfolger. In Telefongesprächen mit Mitgliedern des CSU-Partei- und Fraktionsvorstands soll er an der Eignung von Innenminister Günther Beckstein, Wirtschaftsminister Erwin Huber und Fraktionschef Joachim Herrmann gezweifelt haben, ihn zum jetzigen Zeitpunkt als Ministerpräsident zu beerben, schreibt das Magazin unter Berufung auf Gesprächsteilnehmer.

Zur Begründung soll Stoiber angeführt haben, Beckstein sei mit 63 Jahren zu alt, Herrmann mit seinen 50 Jahren hingegen zu jung und noch nicht sattelfest genug für das Amt. Huber wiederum sei bei der CSU-Basis und in der Bevölkerung zu unbeliebt, weil er eine unpopuläre Verwaltungsreform habe durchsetzen müssen, schreibt das Magazin.

Beckstein: "stehe für Intrigen nicht zur Verfügung"
Bayerns Innenminister Günther Beckstein hat eine offene und zugleich "anständige" Diskussion über die Zukunft von Ministerpräsident Edmund Stoiber (beide CSU) gefordert. Beckstein betonte am Dienstag am Rande einer Sitzung der CSU-Fraktion in Wildbad Kreuth, er habe mehrfach erklärt, dass er nicht gegen Stoiber kandidieren werde. Er fügte hinzu: "Und ich sage auch mit der selben Klarheit: Für irgendwelche Intrigen stehe ich auch nicht zur Verfügung." Auch Seehofer hatte erklärt, nicht gegen Stoiber zu kandidieren.

Spitzeln und Schnüffeln als Methode der CSU
Die Schlagzeilen über Seehofer erinnern an Waigel und Hohlmeier. Zwar wird der Vorwurf wird vehement zurückgewiesen - doch der Verdacht, Teile der CSU könnten hinter der "Schmuddel-Attacke" (tz) auf Parteivize Horst Seehofer stecken, ist damit noch lang nicht aus der Welt. Ausgerechnet an Edmund Stoibers Schicksalstagen, an denen es für den CSU-Chef ums Ganze geht, stellt Deutschlands größte Boulevard-Zeitung Seehofers Glaubwürdigkeit in Frage. Dabei lässt nicht allein der Zeitpunkt der "Bild"-Berichte über das angebliche Doppelleben des heißesten Anwärters auf eine Nachfolge Stoibers an der CSU-Spitze Beobachter aufhorchen, sondern ruft auch Parallelen zu ähnlichen Vorfällen in der CSU-Geschichte in Erinnerung.

Besonders Ex-Parteichef Theo Waigel dürfte sich in diesen Tagen an das Frühjahr 1993 erinnert fühlen, als er selbst noch CSU-Chef war und sich mit Stoiber einen heftigen Machtkampf um die Nachfolge von Ministerpräsident Max Streibl (CSU) lieferte. Damals machten Gerüchte über Waigels gescheiterte Ehe und seine Beziehung zu Ex-Skistar Irene Epple die Runde.

Stoiber, der sich schließlich durchsetzte und in die Staatskanzlei einzog, dementierte stets, etwas mit den Gerüchten zu tun zu haben. Waigel aber ist sich zumindest sicher, dass "Parteifreunde" hinter den Gerüchten standen. In einem Interview sagte er später, "einige Stellen in der eigenen Partei" hätten die Beziehung zu Irene Epple
instrumentalisiert - während beim politischen Gegner bei diesem Thema "große Fairness" geherrscht habe.

Nicht abschließend geklärt ist bislang die so genannte Dossier-Affäre um die frühere bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier, mit der sich 2005 ein Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags befasste. Der Strauß-Tochter wurde vorgeworfen, Dossiers über andere CSU-Politiker angelegt und sie bedroht zu haben. Bei einem Treffen führender Münchner CSU-Mitglieder im Sommer 2004 soll sie eine Akte gezeigt und gesagt haben: "Es gibt gegen jeden von euch etwas." Holmeier wies die Vorwürfe zurück, gab aber zu, angesichts der Verdächtigungen gegen sie selbst erwähnt zu haben, dass es auch über die anderen Gesprächsteilnehmer Gerüchte gebe.

Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (CSU), die mit ihren Bespitzelungsvorwürfen gegen die Staatskanzlei Mitte Dezember die aktuelle Personaldebatte in der CSU letztlich angestoßen hatte, prangert seit Wochen ein "System des Niederhaltens von Kritikern" in der CSU an. Sie spricht von einer "politischen Methode". "Das läuft
im Fall von Horst Seehofer offenbar genau so, wie man es bei mir gerne gemacht hätte", sagte sie der "Abendzeitung" (Dienstagausgabe). "Da wird im Privatleben herumgewühlt, um jemanden politisch unter Druck zu setzen."

CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann sagte am Dienstag mit Blick auf die Berichte über Seehofer, es dränge sich der Verdacht auf, dass diese Veröffentlichung zum Beginn der Fraktionsklausur "nicht der reine Zufall gewesen sein kann". Er könne nur hoffen, "dass niemand aus der Partei daran beteiligt war".