Der Name von Johannes dem Täufer brach mit der Tradition

"Die Welt offen halten für Gottes Präsenz"

Nomen est omen – der Name ist ein Zeichen. Das gilt auch bei Johannes dem Täufer. Seine Eltern haben gespürt, dass mit ihm ein besonderer Mensch auf die Welt gekommen ist. Er bereitet uns auf die Ankunft Christi, das ganz Neue vor.

Johannes der Täufer weist mit seinem Finger auf Jesus. Detail des Altarbildes Kreuzigung Jesu des Isenheimer Altars am 16. Oktober 2022 im Museum Unterlinden in Colmar in Frankreich / © Harald Oppitz (KNA)
Johannes der Täufer weist mit seinem Finger auf Jesus. Detail des Altarbildes Kreuzigung Jesu des Isenheimer Altars am 16. Oktober 2022 im Museum Unterlinden in Colmar in Frankreich / © Harald Oppitz ( KNA )

Emilia und Noah: So lauten gemäß Umfragen die beliebtesten Vornamen aus dem vergangenen Jahr 2022. Knapp dahinter folgen Namen wie Sofia oder Emma bei den Mädchen; vielen Jungen wurden die Vornamen Mattheo oder Leon gegeben.

Religiöse Vornamen

In Deutschland erhalten immer mehr Neugeborene einen christlichen Vornamen. "Allerdings wissen viele Eltern gar nicht, dass es sich bei ihrer Wahl um einen biblischen Namen oder den eines Heiligen handelt", sagt Gabriele Rodriguez von der Namenberatungsstelle an der Universität Leipzig im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Beliebt seien zum Beispiel Maria, Sophie, Anna oder Paul. Die Namen würden vor allem als Ausdruck der Tradition verstanden. Schließlich hätten sie sich "über Jahrhunderte hinweg" gehalten.

"Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes", spricht der Priester. / © Beatrice Tomasetti (DR)
"Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes", spricht der Priester. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Schwierig ist es allemal, wenn man einem Neugeborenen einen Namen geben soll.

Vorher geht es zwischen den Eltern manchmal lange hin und her, und es wird überlegt, welcher Name wirklich geeignet ist.

Das Lukasevangelium und die Namensgebung

Dass man nicht immer auf die Namen zurückgreifen muss, die auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehen, zeigt das erste Kapitel des Lukasevangeliums.

Dort wird davon berichtet, dass auch Elisabeth und Zacharias sich Gedanken über den Namen ihres neugeborenen Sohnes gemacht haben.

Und da soll es nicht nach Popularität gehen, sondern nach einem uralten Prinzip: dass Söhne den Vornamen ihres Vaters bekommen.

Elisabeth will einen anderen Namen

So scheint ganz klar: Das Kind muss Zacharias heißen. Aber da haben die Priester im Tempel, die dem Kind den Namen geben wollen, die Rechnung ohne die Eltern gemacht. Denn sie haben etwas anderes im Sinn: "Nein, er soll Johannes heißen" (Lk 1,60).

Diese Namensgebung, von der uns der Autor des Lukasevangeliums erzählt, ist außergewöhnlich, denn die Tempelbediensteten widersprechen Elisabeth: "Es gibt noch niemanden in deiner Verwandtschaft, der so heißt" (Lk 1,61).

Eltern brechen mit der Namenstradition

Aber Elisabeth und Zacharias ist das egal. Sie haben einen Wunschnamen für ihren Kind, und dieser Name sagt etwas aus: Ins Deutsche übersetzt bedeutet der Name Johannes "Gott ist gnädig".

Gott war gnädig zu den beiden Eltern, die noch im hohen Alter ein Kind bekommen haben. Und Gott wird auch Gnade zeigen durch diesen ihren Sohn, der hinausgeht, um in Israel das Kommen des Messias anzukündigen.

Elisabeth und Zacharias mit Johannes / © Dorotheum (privat)
Elisabeth und Zacharias mit Johannes / © Dorotheum ( privat )

"Nein, er soll Johannes heißen": Allen Widersprüchen zum Trotz erhält das Kind diesen Namen. Damit brechen die Eltern auch mit der Tradition; sie führen in ihre Familie etwas Neues ein, etwas noch nie Dagewesenes.

Auch Johannes bricht mit der Tradition

In gewisser Weise deutet sich bei der Geburt und Namensgebung des Täufers schon an, was für sein Lebens bestimmend sein wird: Johannes bricht mit der Tradition. Er setzt sich dafür ein, dass Dinge anders werden als sie – vermeintlich – sein sollten.

Im Gegensatz zu den Propheten des alten Bundes spricht er nicht mehr von einer ungewissen Zeit, in welcher der Messias kommt. Sondern Johannes zeigt mit dem Finger auf ihn und spricht: "Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt."

Johannes darf den, den er ankündigt, mit eigenen Augen sehen, und er darf ihn untertauchen in den Fluten des Jordan.

Johannes weiß um den Anbruch der Heilszeit

Johannes weiß darum, dass jetzt die Heilszeit angebrochen ist. Er ist sich bewusst, dass eine Entscheidung ansteht: Entweder man kehrt auf der Stelle um – oder alle Umkehr wird vergeblich sein.

Damit wird er zu dem, was er sein will: nämlich Vorläufer des kommenden Messias, den er ankündigt. Johannes geht ihm voraus, bereitet die Welt auf seine Ankunft vor.

Alles Alte und Unnötige schafft er aus dieser Welt hinaus, damit Raum wird für das Neue, das sich mit dem Kommen des Messias Bahn bricht.

Christus bringt im Reich Gottes das Neue mit

Man kann nicht auf alte Traditionen und Bräuche pochen, wenn das Kommen des Christus bevorsteht. Dann braucht man schon den Mut, sich auf das Neue und Überraschende einzulassen; dann braucht man schon die Bereitschaft, etwas Ungekanntes einzulassen und sich ihm zu öffnen.

Ikone von Christus Pantokrator, ein Geschenk von Papst Benedikt XVI., in der evangelisch-lutherischen Christuskirche / © Marco Bonomo (KNA)
Ikone von Christus Pantokrator, ein Geschenk von Papst Benedikt XVI., in der evangelisch-lutherischen Christuskirche / © Marco Bonomo ( KNA )

Denn Christus bringt das Neue mit, das Reich Gottes, in das er alle Menschen einladen will. Alle Menschen, die bereit sind, sich auf diese unbekannte Größe einzulassen, die bereit sind, Gottes überraschende Gegenwart in dieser Welt zu erfahren.

Die Welt offen halten für Gottes überraschende Präsenz

Ob Johannes vor über 2.000 Jahren schon einer der beliebtesten Vornamen war, wissen wir heute freilich nicht. Aber wir sehen, dass in der Namensgebung des Täufers etwas erkennbar wird, das später in seinem Leben durchscheint: das Offensein für das ganz Neue, für das gänzlich Unbekannte.

Ihm Raum zu schaffen in dieser Welt ist nicht nur die Aufgabe Johannes des Täufers gewesen, sondern heute auch die jedes und jeder Einzelnen von uns.

Unser eigener Auftrag, zu dem wir durch unsere Taufe berufen sind: die Welt offen zu halten für Gottes überraschende Präsenz mitten in unserem Alltag.

Die Bibel

Bibel ist die Schriftensammlung, die im Judentum und Christentum als Heilige Schrift gilt. Auf den Schriften fußt jeweils die Religionsausübung. Die Bibel des Judentums ist der dreiteilige Tanach, der aus der Tora, den Nevi’im und Ketuvim besteht. Diese Schriften entstanden seit etwa 1200 v. Chr. im Kulturraum der Levante und Vorderen Orient und wurden bis 135 n. Chr. kanonisiert. Das Christentum übernahm alle Bücher des Tanachs, ordnete sie anders an und stellte sie als Altes Testament (AT) dem Neuen Testament (NT) voran.

Eine Bibel liegt aufgeschlagen auf einem Tisch (KNA)
Eine Bibel liegt aufgeschlagen auf einem Tisch / ( KNA )
Quelle:
KNA