Der Vatikan bereitet den Abschied von Benedikt vor

"Ein treuer Diener der Kirche"

Ab Montag können die Gläubigen im Petersdom Abschied nehmen vom verstorbenen emeritierten Papst; die Vorbereitungen für die Beerdigung laufen, Details müssen noch geklärt werden. Die Würdigungen zu Benedikt fallen unterschiedlich aus.

Eine Nonne liest die Vatikanzeitung L'Osservatore Romano mit der Nachricht vom Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI., während sie auf das Angelus-Mittagsgebet mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz im Vatikan wartet.  / © Domenico Stinellis/AP/dpa (dpa)
Eine Nonne liest die Vatikanzeitung L'Osservatore Romano mit der Nachricht vom Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI., während sie auf das Angelus-Mittagsgebet mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz im Vatikan wartet. / © Domenico Stinellis/AP/dpa ( dpa )

Er war der erste deutsche Papst seit mehr als 480 Jahren - nach dem Tod von Benedikt XVI. nehmen Gläubige in dieser Woche Abschied.

Der emeritierte Pontifex starb am Samstag im Alter von 95 Jahren im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan, knapp zehn Jahre nach seinem spektakulären Rücktritt. Ab Montag wird er im Petersdom in Rom öffentlich aufgebahrt, Trauerfeier und Beisetzung sind für Donnerstag geplant.

"Treuer Diener"

Papst Franziskus nannte seinen Vorgänger am Sonntag beim wöchentlichen Angelus-Gebet im Vatikan einen "treuen Diener des Evangeliums und der Kirche". Geistliche und Politiker würdigten den gebürtigen Bayern als klugen Theologen. Kritiker beklagten jedoch den konservativen Kurs Benedikts in seiner Zeit als Kirchenoberhaupt.

Joseph Ratzinger als sechzehnjähriger Luftwaffenhelfer (KNA)
Joseph Ratzinger als sechzehnjähriger Luftwaffenhelfer / ( KNA )

Joseph Ratzinger, wie sein bürgerlicher Name lautete, wurde in Oberbayern geboren und am 19. April 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt. Benedikt führte den Kurs seines polnischen Vorgängers fort. Er stemmte sich gegen eine Modernisierung der Kirche, was ihm viel Kritik einbrachte. Seine Amtszeit wurde von dem Missbrauchsskandal überschattet, der die katholische Kirche in eine tiefe Krise stürzte.

Archivbild: Rücktritt von Papst Benedikt XVI. - während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 / © Osservatore Romano (KNA)
Archivbild: Rücktritt von Papst Benedikt XVI. - während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 / © Osservatore Romano ( KNA )

2013 erregte Benedikt größtes Aufsehen, indem er als erster Papst seit mehr als 700 Jahren freiwillig zurücktrat. Seinen Rücktritt begründete er mit seinem fortgeschrittenen Alter und seiner angeschlagenen Gesundheit - ihm fehlten die Kräfte für das anspruchsvolle Amt, sagte er.

Große Anteilnahme an Tod

Die Todesnachricht sorgte für große Anteilnahme in Deutschland und weltweit, vor allem unter den etwa 1,4 Milliarden Katholiken. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf Twitter, dass die Welt eine prägende Figur der katholischen Kirche verliere. "Als "deutscher" Papst war Benedikt XVI. für viele nicht nur hierzulande ein besonderer Kirchenführer", so der SPD-Politiker.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Benedikt als Mittler zwischen den Religionen. "Die Einheit der Christenheit und der Dialog der Religionen, das Miteinander von Religion und Gesellschaft lagen ihm besonders am Herzen. Er suchte das Gespräch mit Juden und Muslimen sowie allen christlichen Konfessionen weltweit", schrieb Steinmeier, der zum Trauergottesdienst nach Rom reisen wird.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, spricht auf einer Pressekonferenz / © Johannes Neudecker (dpa)
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, spricht auf einer Pressekonferenz / © Johannes Neudecker ( dpa )

Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, war Benedikt XVI. "ein beeindruckender Theologe und erfahrener Hirte". Die Katholiken trauerten um eine Persönlichkeit, die der Kirche auch in schwierigen Zeiten Hoffnung und Richtung vermittelt habe, teilte der Limburger Bischof der Deutschen Presse-Agentur mit. "Papst Benedikt hat die Stimme des Evangeliums – gelegen oder ungelegen – hörbar gemacht." UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete Benedikt als "demütigen Mann des Gebets und des Studium".

Die Reform-Initiative "Wir sind Kirche" beschrieb Benedikt dagegen als einen "von Misstrauen getriebenen und in Angst erstarrten Theologen", der die Kirche "in rückwärtsgewandter Weise" geprägt habe.

Missbrauchsfälle überschatteten Amtszeit

Um den fünften Jahrestag seiner Wahl zum Papst war 2010 der Missbrauch an unzähligen Kindern durch katholische Geistliche ans Licht gekommen - und wie dies jahrzehntelang vertuscht worden war. Mit der Forderung nach "null Toleranz" gegen die "Sünde in der Kirche" und der Bitte um Vergebung positionierte sich Benedikt in dieser Krise eindeutig.

Anfang 2022 geriet Benedikts eigener Umgang mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising in die Schlagzeilen. Ein vom Münchener Erzbistum in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten warf ihm Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising gewesen.

Widersprüche in der Darstellung

Kurz nach der Veröffentlichung des Gutachtens musste Benedikt über seinen Privatsekretär Georg Gänswein eine Aussage korrigieren: Entgegen einer ersten Darstellung hatte er demnach 1980 doch an einer wichtigen Sitzung teilgenommen, in der über einen Priester gesprochen worden war, der im Bistum Essen mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auffällig geworden war.

Münchner Missbrauchsgutachten wird vorgestellt / © Sven Hoppe (dpa)
Münchner Missbrauchsgutachten wird vorgestellt / © Sven Hoppe ( dpa )

Der Fall war deshalb brisant, weil der Priester in Bayern wieder als Seelsorger eingesetzt wurde. In einem öffentlichen Brief entschuldigte sich Benedikt etwas später bei allen Opfern sexuellen Missbrauchs.

Bätzing erinnerte an diesen Brief. "Die Betroffenen hat er um Vergebung gebeten und doch blieben Fragen offen." Kritik kam von der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch". "Den Tausenden von Missbrauchsopfern seiner Kirche in aller Welt wird er in unguter Erinnerung bleiben als langjähriger Verantwortlicher jenes Systems, dem sie zum Opfer fielen", sagte der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch, der dpa.

Joseph Kardinal Ratzinger (Archivbild) (KNA)
Joseph Kardinal Ratzinger (Archivbild) / ( KNA )

Benedikt prägte die katholische Kirche schon vor seinem Pontifikat. Als Präfekt der Glaubenskongregation in Rom hatte Kardinal Ratzinger bereits mehr als 20 Jahre Kirchengeschichte geschrieben. Seine strenge Haltung zu Themen wie Geburtenkontrolle, Abtreibung oder Zölibat lehnten zahlreiche Gläubige insbesondere in Europa ab. In anderen Teilen der katholischen Weltkirche, etwa in Ländern Afrikas und Lateinamerikas, erfuhr seine Linie dagegen Unterstützung.

Eher schlichtes Requiem

Zu dem Requiem am Donnerstag werden in Rom bis zu 60 000 Besucher erwartet. Von Montag bis Mittwoch dürften demnach täglich bis zu 35 000 Gläubige in den Petersdom kommen. Die Trauerfeiern für Papst Johannes Paul II. hatten 2005 ganz andere Dimensionen: Damals wollten mehrere Millionen Pilger in Rom dabei sein. Benedikt selbst wünschte sich bescheidene Feiern.

In seinem vom Vatikan veröffentlichten geistlichen Testatement dankte Benedikt Gott, der ihm das Leben geschenkt und ihn durch vielerlei Wirrnisse hindurchgeführt habe. "Betet für mich, damit der Herr mich trotz all meiner Sünden und Unzulänglichkeiten in die ewigen Wohnungen einlässt", bat er.

Der Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI. ist aufgebahrt am 1. Januar 2023 in der Hauskapelle des früheren Klosters 'Mater Ecclesiae' im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Der Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI. ist aufgebahrt am 1. Januar 2023 in der Hauskapelle des früheren Klosters 'Mater Ecclesiae' im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

Seine letzten Worte sollen "Jesus, ich liebe dich" gewesen sein, wie die argentinische Zeitung "La Nación" unter Berufung auf informierte Quellen berichtete.

Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein informierte gleich nach seinem Tod Papst Franziskus, wie das für gewöhnlich gut über den amtierenden Pontifex informierte Blatt weiter schrieb. Der 86 Jahre alte Argentinier sei zehn Minuten später im Kloster Benedikts gewesen und habe dort schweigend an dessen leblosem Körper gebetet.

Die wichtigsten Leitlinien des Denkens von Joseph Ratzinger

Benedikt XVI. war der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig sein Amt abgab. Dabei berief er sich auf sein Gewissen - obwohl er dieser Instanz stets misstraute und theologisch ganz andere Schwerpunkte setzte. Wie wohl kein Papst vor ihm ist Benedikt XVI. auch auf dem Stuhl Petri ein Theologe geblieben.

Bereits als junger Wissenschaftler gehörte er zu den führenden deutschen Dogmatik-Professoren, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) prägten. Später entfremdete er sich immer mehr von seinen Kollegen.

Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )

 

Quelle:
dpa