"Viele Fragen rund um das Thema Missbrauch führen direkt zu den Themen der Synode", sagte Oster am Mittwoch in Fulda. Zu diesen Herausforderungen gehöre etwa die kritische Anfrage an die Kirche, ob sie noch sprachfähig ist im Kontakt mit jungen Menschen - "etwa wenn es um für Jugendliche so wichtige Fragen der Sexualität, Homosexualität und Partnerschaft geht". Hier neigten viele Bischöfe seit Jahren und Jahrzehnten dazu, von oben herab zu reden, räumte Oster selbstkritisch ein.
Die Jugendlichen signalisierten ihm außerdem immer wieder, so der Passauer Bischof, dass sie "auf der Suche nach einer glaubwürdigen und authentischen Kirche sind, die im Leben steht, an die Ränder geht - und die auch Frauen mehr Raum gibt". All diese Themen seien auch mitentscheidend dafür, ob es die Kirche schaffe, das infolge der Missbrauchsfälle verlorene Vertrauen zurückzugewinnen.
Berufung neu denken
Der für Berufungsfragen zuständige Münsteraner Bischof Felix Genn sagte in Fulda, in Deutschland müsse der Begriff der Berufung neu gedacht werden. Auch die Begleitung junger Menschen auf dem Weg ihrer Berufung müsse sich ändern. Die kirchliche Jugendarbeit sollte wie in anderen Ländern enger mit der Frage der Berufung verknüpft werden.
Genn betonte, Berufung dürfe aber nicht verengt werden auf die "Rekrutierung" neuer Geistlicher, sie betreffe auch die Entscheidung für ein Leben in Ehe und Familie. Auch das Arbeitspapier für die kommende Bischofssynode weise in diese Richtung.
Strukturen, Arbeits- und Verhaltensweisen ändern
Der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe erklärte, noch nie zuvor seien in den Vorbereitungsprozess einer katholischen Bischofssynode die Stimmen so vieler junger Menschen eingeflossen. Er erinnerte daran, dass der Vatikan einen Online-Fragebogen verschickt hatte und dass es ein Jugend-Hearing in Deutschland im Juli 2017 und eines in Rom im September 2017 gab. Auch an der römischen Vorsynode im März 2018 seien junge Menschen beteiligt gewesen. Bei der Synode selbst könnten sie sich unter anderem mit eigenen Beiträgen in den Arbeitsgruppen einbringen.
In den vergangenen Wochen hatten mehrere Bischöfe aus aller Welt gefordert, angesichts der aktuellen Missbrauchskrise die Jugendsynode abzusagen. Einige Teilnehmer hatten auch persönlich angekündigt, nicht nach Rom zu kommen.
Bischöfe: Absage der Jugendsynode wäre ein falsches Signal
Die deutschen Bischöfe halten Forderungen für falsch. "Das wäre ein falsches Signal", sagte Jugendbischof Stefan Oster. "Es gibt keine bessere Gelegenheit, als jetzt das Thema Missbrauch auch dort anzusprechen, wo es ja gerade um die jungen Menschen in der Kirche geht".
Auch aus der Sicht von Münsters Bischof Felix Genn kann die Synode die Gelegenheit bieten, das Thema Missbrauch an einer wichtigen und entscheidenden Stelle der Weltkirche offen zu diskutieren. Eine Absage würde diese Chance zunichte machen. Wichtig sei ihm hierbei auch, so Genn weiter, das Problem des "geistlichen Missbrauchs" anzusprechen. Damit meine er die Tendenz, "dem anderen meine Entscheidung, die ich für richtig halte, aufzuzwingen". Dies widerspreche der Haltung der Freiheit, die auch hier unbedingt zu respektieren sei.
Absage würde auf Unverständnis stoßen
Der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe ergänzte: "Es wäre fatal, jetzt abzusagen." Seine zahlreichen Gespräche mit jungen Menschen im Vorfeld des Synode hätten ihm gezeigt, wie groß bei vielen die Hoffnung sei, dass wichtige und auch strittige Themen offen diskutiert werden. Eine Absage würde da nur auf Unverständnis stoßen.
Oster, Genn und Wübbe nehmen als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz an der Jugendsynode vom 3. bis 28. Oktober im Vatikan teil. Außerdem ist der Konferenz-Vorsitzende, Kardinal Reinhard Marx, als von Papst Franziskus direkt berufener Teilnehmer dabei. Das Weltbischofstreffen steht unter dem Motto "Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung".