An den Toren der Bischofsresidenzen in Warschau, Danzig, Posen, Breslau (Wroclaw) und anderswo banden Demonstranten Plüschtiere an und befestigten das auf Papier oder Pappe geschriebene Motto der Aktion: "Bischofsschande". Der Vereinsvorsitzende Marek Lisinski beklagte: "Die Bischofskonferenz steht auf der Seite der Täter."
Die Kirche verteidige sich und stehe nicht auf der Seite der Opfer. Meist beteiligten sich ein paar Dutzend Menschen, vornehmlich Frauen, an den Protesten. Die Initiative "Frauenstreik" unterstützte die Aktion.
"Sie verstecken und versetzen Priester-Täter"
Wenige Tage zuvor schilderte bei einer Pressekonferenz des Vereins ein Mann, der im Bistum Oppeln (Opole) als 13-Jähriger von einem Priester missbraucht wurde, sein Leid. Seine Mutter sagte, Bischof Andrzej Czaja habe davon abgeraten, den Geistlichen bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen.
Es sei besser, wenn ihr Sohn nicht aussagen müsse, habe Czaja argumentiert. Die Vereinsaktivistin und linksliberale Sejm-Abgeordnete Joanna Scheuring-Wielgus betonte: "Wir haben bewiesen, dass die Diözesen lügen. Sie verstecken und versetzen Priester-Täter."
Auch die Vorstellung der von den Bischöfen in Auftrag gegebenen Missbrauchsstudie Mitte März hatte die harten Fronten zwischen dem Verein "Fürchtet Euch nicht", dem einzigen Sprachrohr der Opfer, und der Kirche nicht überwunden. Der wiedergewählte Vorsitzende der Bischofskonferenz, Posens Erzbischof Stanislaw Gadecki, bat bei der Präsentation alle Menschen, die von Geistlichen sexualisierte Gewalt erfahren haben, sich bei der Kirche zu melden.
Auf eine Bitte um Vergebung verzichtete er allerdings. Bereits Anfang des Jahres hatte Gadecki ein Gespräch mit Vereinschef Lisinski angekündigt. Bis heute kam es aber nicht zustande, was nicht nur Lisinski kritisiert.
Stattdessen sprach Gadecki zunächst mit anderen Missbrauchsbetroffenen. Erzbischof Gadecki hatte bei der Pressekonferenz den Begriff "Pädophilie in der Kirche" kritisiert: "Das ist kein institutionelles Problem, sondern ein globales Problem." Es betreffe nicht nur die Kirche.
Das "ideologische Schlagwort 'Pädophilie in der Kirche'" weise nicht nur auf das Problem hin, sondern "untergräbt auch die Autorität der Kirche und führt dazu, dass das Vertrauen der Gläubigen in die kirchlichen Einrichtungen überhaupt zerstört wird."
Schmerzensgeldforderungen stehen noch aus
Sein Stellvertreter, Krakaus Erzbischof Marek Jedraszewski, distanzierte sich von der von Papst Franziskus verwendeten Formulierung "Null Toleranz" gegenüber den Tätern. Diese "totalitär" klingende Wortwahl erinnere an den Kampf der Nationalsozialisten gegen die "Volksfeinde" Juden, der in den Holocaust gemündet sei.
Daher spreche er lieber von "makelloser Standhaftigkeit". Diese Aussagen von Gadecki und Jedraszewski stießen linksliberalen Kommentatoren und auch manchen Geistlichen übel auf.
Polens Primas, der Gnesener Erzbischof Wojciech Polak, gab sich indes demütig und ging am meisten auf die Betroffenen ein: "Jedes dieser Opfer sollte in uns Geistlichen Schmerz, Scham und Schuldgefühle wecken, dass es zu dieser Situation gekommen ist. Das ist ein Schock, der die ganze Gemeinschaft der Kirche verletzt."
Eine Zahlung von durchschnittlich 5.000 Euro pro Opfer "in Anerkennung des erlittenen Leids" wie in Deutschland ist für die polnischen Bischöfe bisher kein Thema.
Ihre Antwort auf Schmerzensgeldforderungen von Missbrauchsopfern steht noch aus. Der polnische Orden "Gesellschaft Christi für Emigrantenseelsorge" ficht gegenwärtig beim Obersten Gerichtshof ein Urteil an, das ihn zur Zahlung von 230.000 Euro Entschädigung an eine Frau verpflichtet, die als Kind mehrfach von einem Ordensmann vergewaltigt wurde. Weitere Entschädigungsklagen liegen Gerichten vor.