Die Bilder vom Elbehochwasser 2002 haben viele Menschen noch vor Augen: die Wassermassen, die ganze Städte bis hin zur Dresdner Semperoper überschwemmten - und die Helfer, die sich ihnen mit Sandsäcken und Schlauchbooten entgegenstellten. Es war der größte Einsatz in der Geschichte des Technischen Hilfswerks (THW). 24.000 Mitarbeiter waren lang aktiv, viele von ihnen ehrenamtlich.
Bei Katastrophen stets anzutreffen
Beim Grubenunglück von Lengede 1963 oder jüngst nach den schweren Explosionen in Beirut: Bei Katastrophen sind die "Blauen Engel", wie sich die THW-Helfer selbst nennen, stets anzutreffen. Während der Corona-Pandemie sei die Organisation nicht immer für die breite Öffentlichkeit sichtbar gewesen, sagt Sprecher Michael Kretz - dafür umso mehr im Hintergrund aktiv.
Schon im Februar habe es erste Corona-Einsätze gegeben, berichtet der Sprecher. In der Spitze der Krise seien 1.200 Menschen am Tag für das THW im Einsatz gewesen; zwei Drittel aller bundesweiten Standorte waren aktiv. Und das auf vielfältige Art: "Wir haben Masken, Desinfektionsmittel und Schutzanzüge verteilt, Testlabore eingerichtet oder Grenzkontrollpunkte ausgeleuchtet." Aufgaben, die nicht nach Ruhm und Ehre klingen, aber in Krisensituationen unabdingbar sind.
Großes ehrenamtliches Engagement
Knapp 80.000 Ehrenamtliche engagieren sich beim THW, zusätzlich 1.800 Mitarbeiter hauptamtlich. Das sei bemerkenswert in einer Zeit, in der viel über mangelnde Einsatzbereitschaft geklagt wird, meint Kretz. "Auch unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben wir guten Zulauf", betont er. Mit der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht habe es eine "kleine Delle" gegeben, inzwischen seien die Zahlen jedoch wieder stabil. Das THW stehe dabei allen Menschen ab sechs Jahren offen - auch ohne technisches Vorwissen oder Ausbildung. Einen Schwerpunkt lege man insbesondere auf die Gewinnung von Frauen.
Seit den Anfängen 1950 hat sich bei dem Hilfswerk viel getan. Es war die Zeit des Wiederaufbaus, als Bundesinnenminister Gustav Heinemann den Pionieroffizier Otto Lummitzsch beauftragte, einen zivilen Ordnungsdienst einzurichten. Strukturen zum Bevölkerungsschutz gab es in der jungen Republik kaum. Lummitzsch kannte sich aus, hatte er doch bereits 1919 die Technische Nothilfe gegründet. Nun wurde er zum ersten Direktor des THW, das seit 1952 den Status einer Bundesanstalt hat.
Änderung am THW-Gesetz
Die jüngste Änderung am THW-Gesetz erfolgte im Mai dieses Jahres. Künftig können Arbeitgeber auch für Vor- und Nachbereitungen von Einsätzen einen Verdienstausfall beim Hilfswerk beantragen - sie sind verpflichtet, THW'ler freizustellen, wenn diese gebraucht werden. Und das Hilfswerk kann auf Kostenerstattung von Behörden oder Kommunen verzichten, wenn es von diesen angefordert wird und ein öffentliches Interesse besteht. Eine wichtige Neuerung, betont Kretz: "Manche hatten bislang Vorbehalte, weil sie sich gefragt haben, wie sie einen THW-Einsatz bezahlen sollen." Nun erhofft sich die Organisation eine verbesserte lokale Zusammenarbeit - und mehr Einsätze.
Denn: Die ganz großen Katastrophen kommen hierzulande nicht sehr häufig vor. Zumal solche, in denen eingesetzt werden muss, was in der THW-Ausbildung trainiert wird: zum Beispiel, Verletzte über Trümmer transportieren, aus drei Holzbalken einen sogenannten Dreibock für das Anheben schwerer Lasten bauen, mit Seilen statt Spanngurten absichern. "Das THW ist eine Zivilschutzorganisation", betont Kretz. Dieser Kern werde in der Ausbildung weiterhin deutlich.
Diese Fähigkeiten sind weltweit gefragt. Im Jahr 2000 hatte das THW seinen größten Auslandseinsatz. Über 1.500 Helfer beseitigten in Frankreich die Schäden von Winterstürmen. 2010 war die Organisation nach dem schweren Erdbeben auf Haiti aktiv, 2014/15 bei der Ebola-Epidemie in Westafrika. Auch hier ging es meist um Logistik, den Aufbau von Kommunikationstechnik und die Versorgung von Sanitätern, Feuerwehrleuten oder Nothelfern. Auch bei den Waldbränden, die in den vergangenen Sommern im Deutschland wüteten, galt es, Einsatzkräfte "im Nirgendwo" zu versorgen. Eine typische THW-Aufgabe, sagt Kretz und schmunzelt: "Wir sind Langstreckenläufer."