Behindertenbeauftragter Dusel über die Paralympics in Tokio

"Die Chancen auf viele Medaillen sind sehr gut"

An diesem Dienstag beginnen die Paralympics in Tokio. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, zeigt sich über eine wachsende Popularität der Spiele für Menschen mit Behinderungen erfreut.

Autor/in:
Birgit Wilke
Behindertensport / © FocusDzign (shutterstock)

Katholische Nachrichtenagentur (KNA): Herr Dusel, die Paralympics haben sich in den vergangenen Jahren einer immer größeren Beliebtheit erfreut. Woran liegt das, und wie könnten die Spiele noch populärer werden?

Jürgen Dusel (Behindertenbeauftragte der Bundesregierung): Über die wachsende Popularität freue ich mich natürlich sehr. Besonders die Spiele in London 2012 haben dazu viel beigetragen. Erstmals konnten die Zuschauer sehr viele Wettkämpfe über das Fernsehen oder Social Media verfolgen, in Rio war es ähnlich.

Das finde ich richtig und auch fair gegenüber den Sportlern. Es ist natürlich auch eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Leistungen dieser Sportler auch gesehen und gewürdigt werden. Das ist auch insgesamt für Menschen mit Behinderungen wichtig. Ich würde mir natürlich wünschen, dass die Paralympics auch den gleichen Sendeplatz bekommen - zum einen live, aber auch in den Hauptnachrichtensendungen oder in der Sportschau.

KNA: Die Begleitung der Paralympics gehört bestimmt zum Pflichtprogramm eines Behindertenbeauftragten, oder?

Dusel: Es ist für mich nicht nur Pflicht, sondern auch Kür. Ich wäre selbst wirklich sehr gerne persönlich nach Tokio geflogen, um die Sportler anzufeuern, coronabedingt geht das leider nicht. Mein Team und ich werden aber die Spiele so gut es geht von hier verfolgen. Für mich ist es ein wichtiger Termin, weil bei den Paralympics die Menschen mit Behinderungen und ihre unglaublichen Leistungen sichtbar werden. Es sind unheimlich tolle Athleten und Athletinnen dabei, ihnen allen wünsche ich viel Erfolg.

KNA: Wie schätzen Sie die Medaillenchancen der Deutschen ein?

Dusel: Ich glaube, die Chancen sind sehr gut. Bei den vergangenen Paralympics in Rio erreichte Deutschland Rang 6. Ein Platz unter den ersten zehn, vielleicht sogar unter den ersten fünf sollte drin sein. Alles in allem bin ich fest davon überzeugt, dass die Athleten und Athletinnen die Ziele, die sie sich gesteckt haben, auch erreichen werden.

KNA: Was bedeutet die Pandemie konkret für die Sportler - in ihrer Vorbereitung, aber auch während der Spiele?

Dusel: Das bedeutet zum einen, dass sie zu ihren Behinderungen noch weiter eingeschränkt waren. Sie konnten nicht richtig trainieren, weil die Sportstätten und Trainingszentren geschlossen waren. Vor Ort heißt es für die Spieler, dass der Push in den Stadien durch die Zuschauer fehlen wird. Die Sportler und Sportlerinnen sind sehr stark auf sich zurückgeworfen. Aber natürlich freuen sich alle, dass die Spiele überhaupt in diesem Jahr stattfinden könnten - von daher gibt es ein lachendes und ein weinendes Auge.

KNA: Im Alltag haben die Sportler mit Behinderungen es schwerer - auch weil sie finanziell weniger gefördert werden. Was hat sich da in den vergangenen Jahren getan?

Dusel: Seit den Spielen in Rio erhalten Medaillengewinner bei den beiden Spielen die gleichen Prämien. Es gibt für Sportler mit Behinderungen verschiedene Förderungen, etwa für die Medaillenaspiranten oder für den Nachwuchs, der sich noch an die Weltspitze herantastet. Da ist aber sicher noch Luft nach oben. Alles steht und fällt da sicher wieder mit der Sichtbarkeit dieser Sportler. Genauso wichtig finde ich aber, dass der Breitensport für Menschen mit Behinderungen und der Schulsport in den Förderschulen stärker gefördert wird. Das wäre gerade in der Zeit der Pandemie sehr wichtig.


Quelle:
KNA