DOMRADIO.DE: Warum kam das Pärchen denn nicht aus Kolumbien weg?
Monika Lauer Perez (Kolumbien-Referentin beim katholischen Hilfswerk Adveniat): Es gab eine strikte Ausgangssperre und deren Einhaltung wurde durch Polizei und Militär massiv kontrolliert. Die beiden waren dazu verdonnert, in einem kleinen Zimmer zu sitzen und konnten höchstens mal rausgehen, um Nahrungsmittel zu kaufen. Wobei das auch schon wieder das nächste Problem war, weil sie kein Geld mehr hatten und es keine Bankautomaten an diesem Ort gibt.
Sämtliche Transportmöglichkeiten, um von dort wegzukommen - was nur mit dem Boot geht - waren eingestellt. Die beiden waren von der Welt abgeschnitten und konnten ihre wunderschöne Umgebung nicht einmal genießen. Man sitzt im Paradies, sieht den weißen Sandstrand vor Augen, darf da aber gar nicht hin.
DOMRADIO.DE: Wie hat es am Ende funktioniert, dass die zwei dann doch ausreisen konnten?
Perez: Wir bei Adveniat haben Kontakt mit dem Ortsbischof aufgenommen. Dieser hat sofort herumtelefoniert und den Pfarrer des Ortes, wo das Pärchen gestrandet war, auf die Situation hingewiesen. Daraufhin hat sich dann der Pfarrer mit dem Paar in Verbindung gesetzt. So kam eine Kettenreaktion in Gang.
Der Bischof hat über Polizei und Militär versucht, Sondergenehmigungen zu bekommen, damit die beiden rausgeholt werden können. Die deutsche Botschaft hatte ihnen in einem ersten Schritt gesagt: "Sie müssen da bleiben, sie müssen aushalten. Wir haben keine Möglichkeiten, sie da rauszuholen." Der Bischof hat das an einem Tag geschafft.
Man muss schon sagen: Die haben sich richtig ins Zeug gelegt. Die Kirche hat sogar die Bootsüberfahrt für die beiden organisiert und bezahlt. Sie wurden dann im Bischofshaus zunächst ein bisschen aufgepäppelt und dann von dort in die nächstgrößere Stadt, Medellín, gebracht. Von dort gab es eine Flugverbindung nach Bogotá und von da - so Gott will - wird sie dann die Botschaft nach Deutschland zurückbringen.
DOMRADIO.DE: Wie geht es dem Paar jetzt?
Perez: Die beiden dürften jetzt unterwegs sein. Die letzte Mitteilung habe ich am Donnerstag bekommen. Da hieß es, dass man sie nach Medellín hinbringen würde. Jetzt müssen wir abwarten. Ich denke, die beiden werden sich melden, sobald sie wieder deutschen Boden unter den Füßen haben.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn die Lage bezüglich Corona in Kolumbien?
Perez: In der Gegend, wo die beiden waren, gibt es noch keine Infektion. Die Leute haben aber Panik, auch dass ihnen Europäer dieses Virus einschleppen können. Insgesamt - da sind die Zahlen vom kolumbianischen Gesundheitsministerium und von der Johns-Hopkins-Universität deckungsgleich - gibt es bis jetzt, Stand Freitag, 1.161 Infizierte im Land, 19 Tote und 55 genesene Patienten.
Natürlich versucht man durch die strikte Ausgangssperre zu verhindern, dass sich das Virus ausbreitet, weil das Gesundheitssystem in Kolumbien wirklich eine Katastrophe ist. Es ist eine Katastrophe für die Menschen, die finanziell nicht so gut gestellt sind. Für Reiche ist es überhaupt kein Problem. Aber für die mehrheitlich eher ärmere Bevölkerung ist es ein Riesenproblem. Und deswegen ist es sehr wichtig, dass man diese Ausbreitung massiv verhindert.
DOMRADIO.DE: Wie versuchen Sie von Adveniat, Ihre Partner vor Ort derzeit zu unterstützen?
Perez: Adveniat hat einen Sonderfonds für sogenannte mildtätige Hilfen - also Nothilfe für Medikamente, Kleidung oder Ernährung. All das, was man in einer Notsituation dringend braucht. Und da versuchen wir, alles daran zu setzen, dass die Menschen, wenn sie schon nicht an Corona sterben, auch nicht wegen Corona sterben, einfach weil die Lebensbedingungen noch schwieriger geworden sind.
Da sind wir mit den Partnern in Kontakt. So wie ich es für Kolumbien bin, kennen die Verantwortlichen für die anderen Länder in Lateinamerika, natürlich die Ansprechpartner und stehen mit ihnen in Kontakt, um die Hilfen zu organisieren.
Das Interview führte Michelle Olion.