Die Konsequenzen künstlicher Befruchtung

Sind Designerbabys unsere Zukunft?

Sensation in Mexiko: Mediziner erstellten aus dem Erbmaterial von drei Menschen ein Baby. Theologe und Psychater Dr. Manfred Lütz spricht im domradio.de-Interview über die Konsequenzen und Alternativen zu künstlicher Befruchtung.

Mutter mit Kind / © Patrick Pleul (dpa)
Mutter mit Kind / © Patrick Pleul ( dpa )

domradio.de: Was sagen als katholischer Theologe zu dem Drei-Eltern-Baby?

Dr. Manfred Lütz (Theologe und Psychiater): Wir Katholiken sind grundsätzlich gegen künstliche Befruchtung. Aus diesem Grund stellt diese besondere Art der Befruchtung kein spezielles Problem für uns dar.

Obwohl es auch gute Gründe für eine künstliche Befruchtung geben kann, argumentierte die Glaubenskongregation 1987 dagegen, dass das Kind dann das Produkt eines technischen Vorgangs sei. Wenn es das Ergebnis eines technischen Vorgangs ist, dann stellt sich natürlich die Frage der Qualität. Wenn man sich also für künstliche Befruchtungen ausspricht, dann gibt es keine plausible Grenze mehr.

Ebenso ist Präimplantationsdiagnostik nur eine logische Konsequenz. Ich selbst bin dagegen. Aber wenn man sagt, dass man ein Kind "produziert", dann will man eins haben, was möglichst keine Behinderungen hat. Deswegen würde man auf die Präimplantationsdiagnostik zurückgreifen, um zu sehen, welche Eizelle die gesündesten Gene aufweisen. Diese Eizelle setzt man dann ein.

domradio.de: Welche Folgen wird dieses Vorgehen Ihrer Meinung nach haben?

Lütz: Bei dem Fall des "Drei-Eltern-Kindes" sehen wir bereits eine weitere Konsequenz: Wir sind soweit, dass wir einen Gendefekt der Mutter mit Genmaterial einer anderen Frau ausgleichen können. Das große Problem ist, dass das Genmaterial der vermeintlich gesunden Frau auch mit einer Erbkrankheit belastet sein könnte, was man noch gar nicht erkannt hat.

So etwas wird später auch juristische Verfahren hervorrufen. Wenn die andere Frau beispielsweise Erbkrankheiten verschwiegen hat, könnte das Kind später gegen sie klagen. Wenn wir also bis zu der Frage, ob das Produkt perfekt ist, kommen, dann kommen wir mit dem Menschenbild des Grundgesetzes, aber auch mit unserem christlichen Menschenbild an Grenzen.

Ich stimme da unserem ehemaligem Bundeskanzler Gerhard Schröder zu, der damals bereits sagte, dass die einzig konsequente Haltung, die der katholischen Kirche ist. Diese sagt von vornherein, dass eine künstliche Befruchtung kein Weg sei, auch wenn das die schmerzliche Konsequenz mit sich bringt, dass Eltern mit belastetem Erbmaterial keine biologischen Kinder bekommen können.

domradio.de: Welche Lösung bleibt dann für die Eltern, die künstliche Befruchtung in Erwägung ziehen?

Lütz: Angesichts der Tatsache, dass es viele Waisenkinder auf der Welt gibt und zurzeit viele Kinder in Syrien zu Waisen werden und Schreckliches erleben, ist unsere Haltung natürlich weltklug. Künstliche Befruchtung ist aufwendig und teuer. Um es mal vorsichtig auszudrücken: angesichts dieser Tatsachen wirkt unser Verhalten sehr merkwürdig.

domradio.de: Die Sensibilität in Bezug auf künstliche Befruchtung scheint in der heutigen Welt abzunehmen. Fühlen Sie sich da als einzelner Rufer in einer großen Wüste?

Lütz: Ich glaube gar nicht, dass ich da alleine bin. Die genannten Konsequenzen sind sehr dramatisch und ich denke, dass mehrere Leute das erkennen. Das Ausmaß der Folgen ist für uns noch gar nicht ersichtlich; juristische Konsequenzen sind da nur ein Beispiel. Die Mentalität der Gesellschaft ist natürlich: Toll, was wir alles können.

Der Famulus in Faust sagt: "Wir haben es so herrlich weit gebracht!" Und Faust antwortet ironisch: "Zu den Sternen weit." Wir dürfen nicht vergessen, dass Fortschritte auch immer einen Preis haben – auch einen moralischen Preis. Das vergessen wir manchmal. Angesicht der Millionen, die wir in Forschungen und Techniken auf dem Gebiet der künstlichen Befruchtung stecken, mit denen wir Menschen in der Dritten Welt existentiell helfen könnten, ist das manchmal zynisch.

Das Interview führte Tommy Millhome.


Autor, Psychotherapeut und Theologe Dr. Manfred Lütz (DR)
Autor, Psychotherapeut und Theologe Dr. Manfred Lütz / ( DR )
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DR