Die ökumenischen Lebenswendefeiern werden gut nachgefragt

"Grundlegend mit den christlichen Werten getragen"

In Halle sind Lebenswendefeiern dieses Jahr besonders beliebt. 700 konfessionslose Jugendliche wollen an dem ökumenische Angebot, das es seit den 90er Jahren gibt, teilnehmen. Daniel Richter begleitet die Feier der Lebenswende.

Die Jugendlichen stehen im Mittelpunkt der Lebenswendefeiern (Symbolbild) / © Riccardo Piccinini (shutterstock)
Die Jugendlichen stehen im Mittelpunkt der Lebenswendefeiern (Symbolbild) / © Riccardo Piccinini ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: In der DDR gab es die sogenannten Jugendweihen, die flüchtig an Firmung oder Konfirmation nur ohne christlichen Bezug erinnerten und kein Angebot der Kirchen waren. Jetzt sprechen wir aber von kirchlichen Lebenswendefeiern. Was feiern Sie überhaupt bei der Lebenswende? 

Feier der Lebenswende / © Harald Oppitz (KNA)
Feier der Lebenswende / © Harald Oppitz ( KNA )

Daniel Richter (Referent für die Feier der Lebenswende und Jugendbildungsreferent im Bistum Magdeburg): Bei der Lebenswende ist es so, dass wir den Jugendlichen einen Übergang bieten von der Kindheit zur Jugend. Dabei stehen die Jugendlichen im Mittelpunkt. Sie gestalten die Feierstunde aktiv durch Redebeiträge mit. Das Ganze wird von den christlichen Kirchen in Halle und im ganzen Bistum Magdeburg, also auch von der katholischen Kirche, mit angeboten. Die Feiern selbst finden auch in einer Kirche statt.

DOMRADIO.DE: Aber es ist eine Feier für konfessionslose Jugendliche. Wie unterscheidet sich da die Vorbereitung auf so eine Feier der Lebenswende zum Beispiel zu einer Konfirmation oder Firmung? 

Daniel Richter

"Es geht da um die Jugendlichen."

Richter: Wir haben in Halle zum Beispiel nur drei Vorbereitungstreffen. Das heißt, die Vorbereitungszeit ist kürzer und die Gruppen haben Gruppengrößen von 20 bis 35 Jugendliche. Es geht da um die Jugendlichen. 

Das Thema Glaube spielt aktiv keine Rolle, außer es wird von den Jugendlichen aktiv angesprochen, dann kommt es natürlich mit zum Tragen. Aber ansonsten geht es um die Entwicklung der Jugendlichen. Wer bist du? Was macht dich aus? Wo kommst du her? Und auch der Blick in die Zukunft: Wo willst du hin? Wie willst du, dass sich dein Leben gestaltet? 

Daniel Richter

"Auch wenn das Ganze das Thema Glauben nicht explizit berührt, ist es natürlich so, dass es von uns grundlegend mit den christlichen Werten getragen wird und dementsprechend auch in der Richtung unterfüttert wird."

Auch wenn das Ganze das Thema Glauben nicht explizit berührt, ist es natürlich so, dass es von uns grundlegend mit den christlichen Werten getragen wird und dementsprechend auch in der Richtung unterfüttert wird. 

DOMRADIO.DE: Was für spirituelle Fragen haben Jugendliche überhaupt? Fragen, die vielleicht auch nicht so sehr an die Kirche gebunden sind?

Richter: Es sind die klassischen Fragen: Warum bin ich hier? Was mache ich überhaupt? Wie kann mein Leben gelingen? Wie kann ich glücklich werden? Und das in Bezug zu anderen Menschen oder auch der Umwelt. Wie kann ich auch anderen was Gutes tun? Wie kann ich nachhaltig leben? Auch diese Themen stehen natürlich mit im Zentrum der Vorbereitungstreffen. 

DOMRADIO.DE: Wenn doch mal eine Frage zu Gott aufkommt, auf die Sie mit Gott und Jesus antworten, wie sind dann die Reaktionen darauf? 

Daniel Richter

"Das ist wie ein Sprechen mit einem Gegenüber, von dem man die Hoffnung hat, dass es irgendjemand besser macht. Für mich ist es Gott."

Richter: Es ist auf jeden Fall immer ein interessiertes Nachfragen. Vor allem, wenn ich mit den Jugendlichen in der Kirche selbst bin. Der Kirchenraum lädt förmlich dazu ein, Fragen zu stellen, vor allem wenn man noch gar keine Berührungspunkte damit hatte. Ein Mädchen hat zum Beispiel mal gesagt, als sie auf einem Schild gelesen hat: "Wir beten für …". ich weiß gar nicht, wie man betet. Da bin ich vorbeigegangen und habe die Frage mitgenommen, weil sie die sich eher selbst gestellt hat. Ich habe gemeint, das ist wie ein Sprechen mit einem Gegenüber, von dem man die Hoffnung hat, dass es irgendjemand besser macht. Für mich ist es Gott. 

Ich habe das Gespräch gar nicht weiter fortgesetzt. Ich habe ihr einfach eine kurze Antwort gegeben. Bei diesen Impulssachen, das aufzugreifen, da erzähle ich auch auf Grund meiner christlichen Überzeugung, wie ich das Ganze sehe und woran ich glaube. Das ist auch oft so, dass die Jugendlichen dann noch Nachfragen stellen und man ein bisschen ins Gespräch kommt. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht die Zeit der Betreuung nach dieser Feier der Lebenswende aus? 

Richter: Nach der Feier der Lebenswende haben wir aktuell wenig bis gar keinen Kontakt mehr. Es gibt noch eine E-Mail im Nachgang, wofür wir uns bedanken, aber wir sehen zum Beispiel explizit davon ab, für interne kirchliche Projekte bei den Jugendlichen zu werben. Dementsprechend ist die Feierstunde wirklich der Abschluss. 

Wir sind aber gerade dabei zu planen, ob es vielleicht andere Möglichkeiten gibt, mit den Jugendlichen danach noch in Kontakt zu bleiben und ihnen auch Angebote zu machen. Aber das ist wie gesagt, gerade in der Entwicklung. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie noch mal mit jemandem gesprochen nach so einer Feier, was sich vielleicht verändert hat? 

Richter: Ab und an begegnet  man Jugendlichen doch irgendwo wieder, auf der Straße zum Beispiel. Und wenn man ins Gespräch kommt, ist es oft so, das sie sagen, es war ganz schön. Oder man sieht sich bei aktuellen Feiern durch Geschwisterkinder, wo die Älteren schon eine Lebenswendefeier gemacht haben.

Wenn man da noch mal ins Gespräch kommt, ist auf jeden Fall noch ein positives Erlebnis im Gedächtnis. Sie sagen dann zum Beispiel, das es schön ist, noch mal hier zu sein. Eine konkrete Veränderung bei den Jugendlichen, wurde bisher noch nicht erfragt. Aber wir sind dabei, eine Evaluation mit zu erstellen, die so etwas auch ein Jahr später noch mal erfragt. 

Das Interview führte Tim Helssen. 

Bistum Magdeburg

Das Bistum Magdeburg zählt zu den jüngsten Bistümern in der Bundesrepublik. Die Geschichte des katholischen Glaubens in der Region reicht allerdings zurück bis ins achte Jahrhundert.

Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf (KNA)
Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
DR